Asylrechtsprechung

50 Prozent mehr Asylverfahren an den Verwaltungsgerichten in Baden-Württemberg

Mit 7.728 neuen Asylverfahren in 2014 verzeichneten die vier Verwaltungsgerichte Baden-Württembergs einen Anstieg von 50 % (2013: 5.121). Das ergibt sich aus dem Bericht über die Geschäftstätigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Jahr 2014, der kürzlich veröffentlicht wurde. Wie schon in den beiden Jahren zuvor stammten die meisten Kläger/innen aus Serbien (17,2 %), gefolgt von Asylbewerber/innen aus Gambia (14,5 %) und Mazedonien (13,0 %). Im Durchschnitt betrug die Verfahrensdauer bei Klagen 9,3 Monate und bei Eilverfahren 1,9 Monate und damit etwas mehr als im Vorjahr. Die Erfolgsquoten (Stattgabe oder Teilstattgabe) im Asylverfahren betrugen bei den Anträgen auf Zulassung der Berufung 8,7% (Vorjahr 8,2%) und bei den Berufungen 35% (Vorjahr 24%). Bemerkenswert hoch ist die Erfolgsquote der Berufungen beim VGH Mannheim mit 35 %. Im Jahr 2013 war nicht einmal jede vierte Berufung erfolgreich (24 %).

Das Betreten und Durchsuchungen von Wohnungen bei der Abschiebung

Ist das Betreten bzw. Durchsuchen von Wohnungen im Zusammenhang mit einer Abschiebung rechtmäßig? Dieser Frage widmet sich ein Artikel von Prof. Dr. Stefan Zeitler, der in Ausgabe 10/2014 der Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik (ZAR) erschienen ist. Verweigert eine vollziehbar ausreisepflichtige Person die Zusammenarbeit bei der Abschiebung, muss gegebenenfalls gegen ihren Willen in ihre Wohnung eingedrungen werden, um die Abschiebung durchführen zu können. Eine solche Maßnahme ist laut Herrn Prof. Dr. Zeitler immer als Durchsuchen (nicht als Betreten) zu werten und stellt einen Eingriff in Artikel 13 des Grundgesetzes (Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung) dar. Daher bedarf eine Durchsuchung in jedem Fall einer richterlichen Durchsuchungsanordnung.

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Europäischer Menschenrechtsgerichtshof stoppt Überstellung nach Italien

Die große Kammer des EGMR hat am 4. November entschieden, dass die Rücküberstellung einer afghanischen Familie mit sechs Kindern nach Italien im Rahmen der Dublin-Verordnung ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK sei. Insbesondere wurde die Verletzung darin gesehen, dass vor der Rücküberstellung durch die Schweiz keine individuelle Garantie von den italienischen Behörden eingeholt wurde, dass die achtköpfige Familie in einer Art und Weise in Empfang genommen werde, die dem Alter und Bedürfnissen der Kinder gerecht wird und dafür sorgt, dass die Familie zusammen bleiben kann. Dänemark hat daraufhin die Rücküberstellung von Familien mit minderjährigen Kindern nach Italien ausgesetzt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erließ am 7.11. eine vorläufige Weisung, dass Dublin-Verfahren bei Familien mit Kindern unter 16 Jahren vorläufig weder eingeleitet noch durchgeführt werden sollen.

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Jeziden aus dem Irak mit Duldung: Jetzt Folgeanträge stellen!

Auf eine Anfrage von Luise Amtsberg (MdB, Grüne) erklärte die Bundesregierung u.a., dass das BAMF bereits seit Juni eine Gruppenverfolgung von Yesiden im Irak sieht und keine negativen Entscheidungen mehr trifft. Vor diesem Hintergrund sollten Beratungsstellen und Freundeskreise Yesiden aus dem Irak, die mit Duldung hier leben, auf die Möglichkeit eines Folgeantrages hinweisen. Berücksichtigt werden bei Asylfolgeanträge nur neue Entwicklungen der letzten drei Monate. Folgeanträge müssen persönlich gestellt werden, sollten aber von einer Anwältin oder einem Anwalt schriftlich vorbereitet werden (der schriftliche Antrag wird dann vom Flüchtling selbst beim BAMF abgegeben).

VG Stuttgart: keine Überstellung nach Ungarn

Das VG Stuttgart urteilte am 26. Juni 2014 (A 11 K 387/14) , dass die Ablehung des Asylantrags als unzulässig nicht haltbar sei, denn der Flüchtling wäre im Falle einer Rücküberstellung nach Ungarn unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt. Unionsrechtiche Vorgaben bezüglich des Asylverfahrens sowie die Verpflichtungen nach GFK, EMRK und europäisccher Grundrechtecharta sah das Gericht auch nach der neuen Gesetzeslage in Ungarn nicht erfüllt.

Das VG Sigmaringen folgte im wesentlichen diesem Urteil, in dem es am 14. Juli 2014 (A 1 K 254/14) beschloss, die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die Rücküberstellung nach Ungarn zuzulassen. 

DublinVO: Syrisches Ehepaar soll nach Italien überstellt werden

VG Sigmaringen lehnt Antrag auf einstweiligen Rechtssutz gegen Rücküberstellung nach Italien ab

Das VG Sigmaringen lehnte am 13. Juni 2014 (A 5 K 375/14) den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Rücküberstellung nach Italien mit der Begründung ab, es gäbe keine individuellen Gründe, weshalb die Antragsteller in Italien einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnten. Aus diesem Grund schließt das VG einen Selbsteintritt Deutschlands aus.

VG Stuttgart: Flüchtlingsanerkennung für serbischen Rom

Das BAMF hatte den im Frühjahr 2014 gestellten Asylantrag eines Rom aus Serbien zeitnah als offensichtlich unbegründet abgelehnt, urteilte das VG Stuttgart am 28. Mai 2014 (Aktenzeichen A 11 k 1996/14) auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG.

In der Begründung hieß es unter anderem: "Entgegen der Auffassung der Beklagten (Anm. d. Red.: dem BAMF) nimmt das Recht auf freie Ausreise eine zentrale Stellung unter den Menschenrechten ein."

 

Mehr Asylklageverfahren an den Verwaltungsgerichten

EGMR stoppt Abschiebungen nach Italien

Im Asylmagazin Nr. 4/2013 informieren Dominik Bender und Maria Bethke über die Aussetzung einer Italien-Abschiebung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieser hat am 13. Februar 2013 die Abschiebung einer fünfköpfigen somalischen Familie aus Deutschland nach Italien vorläufig gestoppt. Es ist keine Ausnahme, dass der EGMR Abschiebungen nach Italien vorläufig stoppt. Bezüglich keines anderen Landes habe der EGMR im Jahr 2012 in seiner Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Abschiebungen so oft vorläufige Maßnahmen ergriffen wie in Bezug auf Italien, so die Autoren.

Zum Wiederaufgreifen einer rechtskräftigen Ausweisung

Gemäß § 121 Verwaltungsgerichtsordnung binden rechtskräftige Urteile alle Beteiligten. Das bedeutet zunächst, dass eine Ausweisung nicht mehr angreifbar ist, auch wenn die Entscheidung falsch war. Damit wird dem in einem Rechtssystem wichtigen Grundsatz der Rechtssicherheit Genüge getan. Andererseits gibt es aber auch wieder Situationen, die trotz Vorliegens eines rechtskräftigen abschließenden Urteils nach einer anderen Lösung 'schreien', weil der Vollzug des Urteils sonst als unerträglich empfunden werden müsste. Das Bundesverwaltungsgericht stellt diesbezüglich fest, dass auch rechtskräftige Ausweisungsentscheidungen wieder aufgerollt werden können. Die Hürden dafür sind allerdings sind hoch.