Publikationen des Flüchtlingsrats

Fast 100 Tage Bleiberecht - aber kaum Entscheidungen

Flüchtlingsrat Baden-Württemberg: Zu viel Bürokratie hemmt zügige Umsetzung des Bleiberechtsbeschlusses

Am 25.02.2007 ist der mühsam errungene Bleiberechtsbeschluss der Inneministerkonferenz einhundert Tage alt. Eigentlich Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen. Allerdings fällt eine erste Bewertung mager aus. Bisher sind kaum Entscheidungen ergangen, die meisten Anträge liegen auf Halde.
Zwar hat das Innenministerium Baden-Württemberg zügig Anwendungshinweise auf Landesebene herausgegeben und durch weitere Anmerkungen ergänzt. Dennoch scheinen die Informationen mancherorts bei den Ausländerbehörden noch nicht angekommen zu sein.

Hoffnungslos! - Geschichte einer Abschiebung

Flüchtlingsrat Baden-Württemberg und Refugio Stuttgart setzen sich für die Rückkehr von Zejnep und ihren Kindern ein

Immer häufiger kommt es zu Abschiebungen von Menschen mit posttraumatischem Belastungssyndrom in ihr Herkunftsland. Hierfür gibt es verschiedene Gründe. So wird oft behauptet, eine solche Erkrankung könne auch im Herkunftsland behandelt werden. Dies ist aber gerade bei der Posttraumatischen Belastungsstörung in der Regel nicht der Fall. Therapien gibt es etwa im Kosovo überhaupt nicht, allenfalls mit herkömmlichen Methoden wie starken Beruhigungsmitteln und Psychopharmaka wird bei diesem Krankheitsbild vorgegangen. Ein weiterer Grund liegt auch darin, dass die Behörden die Frage der Behandelbarkeit dieser Erkrankung gar nicht mehr erörtern, sondern im Rahmen der Abschiebung lediglich die Reisefähigkeit des betroffenen Menschen untersuchen und ggf. durch Gabe von Beruhigungsmitteln durchsetzen. Im Asylverfahren sind die meisten der Betroffenen gescheitert, das Krankheitsbild bringt es mit sich, dass das Erlebte häufig verdrängt wird oder nicht chronologisch und detailliert geschildert werden kann. Oft bricht die Krankheit erst aus, wenn der Druck einer Abschiebung und die Angst vor der Begegnung mit dem Ort und möglicherweise den Tätern der Menschenrechtsverletzung akut werden.

"Rückkehr in Sicherheit und Würde"?

Flüchtlingsrat Baden-Württemberg protestiert gegen die bevorstehende Abschiebung einer mittellosen und kranken Ashkalifamilie

Eine Rückkehr in Sicherheit und Würde war den Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien von internationaler wie von deutscher Seite zugesichert worden. Was sich während der letzten zwei, drei Jahre in Baden-Württemberg abspielt, spricht diesem Versprechen Hohn. Vor keiner Unmenschlichkeit schrecken die Behörden zurück, um Flüchtlinge loszuwerden: Familien werden auseinander gerissen, Traumatisierte, denen im Herkunftsland Retraumatisierung droht, werden rücksichtslos abgeschoben, Psychiatrie-Patienten werden aus der Klinik abgeholt, Menschen mit schwerer Diabetes oder Herzleiden werden zurückgebracht, ohne zu fragen, ob die Betroffenen im Herkunftsland eine Behandlung erhalten oder bezahlen können.

Schnellinfo November 2006

Aktuelle Informationen zur Flüchtlingshilfe in Baden-Württemberg

Pro Asyl analysiert Kriterienkatalog der Innenminister | Pressemitteilung FR B.-W.: Bleiberecht jenseits der Schmerzgrenze | Analyse des Bleiberechtsbeschlusses | Der Bleiberechtsbeschluss im Wortlaut

Stuttgarter Regierungspräsidium schiebt weiterhin gnadenlos ab

Mit Empörung und Abscheu hat der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg von dem erneuten Abschiebeversuch an der Familie Douty aus Aalen Kenntnis erhalten. Nur der Zivilcourage des Piloten der französischen Linienmaschine, der die Mitnahme der Familie verweigerte, ist es zu verdanken, dass die Mutter mit ihren Kindern vorerst nach Aalen zurückkehren konnte. "Offenbar ist das Regierungspräsidium Stuttgart entschlossen, in einer Zeit, wo allerorten die Einsicht Platz greift, dass für langjährig geduldete Flüchtlinge endlich menschliche Lösungen geschaffen werden müssen, seinen Ruf als drakonische Behörde mit allen Mitteln zu verteidigen", so die Sprecherin des Flüchtlingsrates Angelika von Loeper.

Bleiberechtsregelung jenseits der Schmerzgrenze

Der auf den ersten Blick einigermaßen akzeptabel scheinende Kompromiss der Innenminister droht zum Grab für die Hoffnungen zigtausender Geduldeter zu werden. "Von einer dringend erforderlichen Lösung für die geduldeten Menschen sind wir weiterhin meilenweit entfernt", kommentiert Angelika von Loeper vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg den Beschluss der Innenministerkonferenz.