Informationen

Zum Asyldeal im Bundesrat: Flüchtlingsrat Baden-Württemberg enttäuscht von Ministerpräsident Kretschmann

Landesregierung hat Koalitionsvertrag gebrochen und ihre Glaubwürdigkeit in der Flüchtlingspolitik verloren

Aus Sicht des Flüchtlingsrats hat sich Ministerpräsident Kretschmann bei seiner Entscheidung zu sehr von den Forderungen und dem öffentlichen Druck der kommunalen Spitzenverbände aus Baden-Württemberg beeinflussen lassen. Diese vertreten die Auffassung, dass die gegenwärtigen Probleme bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden durch Verschärfungen des Asylrechts lösbar wären. „Das Land und die Kommunen haben es aber lange Zeit versäumt, ausreichend neue und gute Kapazitäten für die Erstaufnahme und die Unterbringung zu schaffen“, sagte Angelika von Loeper. „Nicht die Zahl der Asylsuchenden und nicht die Roma, die Asylanträge stellen, sind das Problem. Es braucht gute Konzepte und eine gute Zusammenarbeit zwischen Landesregierung, Kommunen, Flüchtlingshilfe und Zivilgesellschaft, damit die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen gut gelingen kann.“

Besonders unverständlich wird die Entscheidung des Ministerpräsidenten dadurch, dass er offenbar „das ganze Prinzip der sicheren Herkunftsländer für falsch“ hält und auch davon ausgeht, dass dies nicht zu einer Entlastung der Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden führt (http://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/wichtige-verbesserungen-fuer-fluechtlinge-erreicht/).

Nur als perfide kann der Flüchtlingsrat ansehen, dass Ministerpräsident Kretschmann das Verhandlungsergebnis mit der Bundesregierung als Erfolg ansieht. Bedeutende Verbesserungen in der Flüchtlingspolitik seien von Seiten der Grünen durchgesetzt worden. Der Flüchtlingsrat sieht wie PRO ASYL die von der Bundesregierung bei diesem faulen Kompromiss in Aussicht gestellten Verbesserungen bei der Residenzpflicht, dem Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge und den Sozialleistungen. Allerdings sind Teile der getroffenen Vereinbarungen längst im Bundeskoalitionsvertrag verabredet, aber nicht umgesetzt. Manche Vereinbarungen bleiben gar hinter den im Bundeskoalitionsvertrag verabredeten Verbesserungen zurück, wie etwa der Anspruch auf Befreiung von der räumlichen Beschränkung und der Wohnsitzauflage bei Studium und Berufsausbildung ist dies nur noch bei erheblichen persönlichen Gründen vorgesehen. „Der Preis für diesen „Erfolg“ ist viel zu hoch. Er findet auf dem Rücken des Grundrechts auf Asyl und auf dem Rücken von Menschen statt, die als diskriminierte Minderheit Schutz bei uns suchen. Diesen Menschen sollten wir weiter Respekt und Offenheit entgegenbringen und nicht die Türen zuschlagen“, so Angelika von Loeper weiter. Der Flüchtlingsrat fürchtet, dass die Asylsuchenden aus den Balkanstaaten, vor allem Roma, jetzt auch in Deutschland von verstärktem Rassismus betroffen sind.

 Die grün-rote Landesregierung ist im April 2011 mit dem Slogan „Humanität hat Vorrang“ angetreten. In der Asyl- und Flüchtlingspolitik soll der „Grundsatz eines menschenwürdigen Umgangs mit Flüchtlingen“ eingehalten werden. „Von dieser Linie ist Baden-Württemberg heute offensichtlich abgewichen. Dies ist ein schwarzer Tag für die Flüchtlingspolitik in Baden-Württemberg“, sagte Angelika von Loeper.

Hinweis:

19.09.2014 Presseerklärung PRO ASYL: „Realpolitik in ihrem schlechtesten Sinne: Baden-Württemberg stimmt Asylrechtsverschärfung im Bundesrat zu“

Zurück