Informationen

Weiteres Bundesland widerspricht Rechtsauffassung der Bundesregierung zur Geltungsdauer von Verpflichtungserklärungen

Hat die Flüchtlingsanerkennung syrischer Personen, die über ein Landes- oder Bundessaufnahmeprogramm (§ 23 Abs. 1 und 2 AufenthG) nach Deutschland gekommen sind, zur Folge, dass eine zu ihren Gunsten abgegebene Verpflichtungserklärung erlischt? Nach Niedersachsen bejaht jetzt auch Nordrhein-Westfalen diese Frage. Das geht aus einem Erlass des nordrhein-westfälischen Innenministeriums vom 24. April 2015 hervor. Beide Bundesländer treten damit ausdrücklich der Bundesregierung entgegen, die von einer Fortgeltung der Verpflichtungserklärung im Falle einer Flüchtlingsanerkennung ausgeht.

Zum Hintergrund: Im Rahmen der Aufnahmeprogramme wurde die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis regelmäßig von der Abgabe einer Verpflichtungserklärung abhängig gemacht. Diese Aufenthaltserlaubnis ist nicht zu verwechseln mit derjenigen, die Personen erteilt wird, die nach Asylantragstellung als Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigter anerkannt werden (§ 25 Abs. 2 AufenthG). Nur im Rahmen der Aufnahmeprogramme ist eine Verpflichtungserklärung Voraussetzung für eine Aufenthaltserlaubnis. Aufgrund der „Bürgschaft“ sind die Verpflichtungsgeber – häufig in Deutschland lebende Angehörige der Flüchtlinge – u.a. verpflichtet, die Kosten für den Lebensunterhalt der aufgenommenen Personen zu tragen. Aus staatlicher Sicht sollten die humanitären Aufnahmeprogramme möglichst „kostengünstig“ sein. Für die Verpflichtungsgeber resultiert daraus allerdings eine ganz erhebliche finanzielle und psychische Belastung, häufig über Jahre hinweg. Die Frage, ob ein erfolgreicher Asylantrag ein „Ausweg“ aus der Verpflichtungserklärung ist, hat deshalb große praktische Bedeutung. Das gilt umso mehr, weil das BAMF „syrische Asylanträge“ angesichts der weiterhin desolaten Lage in dem arabischen Land fast ausnahmslos positiv bescheidet.

Da die Thematik sehr komplex ist und ein Asylantrag u.a. Auswirkungen auf den bisherigen Aufenthaltsstatus der „Kontingentflüchtlinge“ hat, sollte ein Asylantrag nur in enger Abstimmung mit asylrechtskundigen BeraterInnen gestellt werden. Werden auch nach Flüchtlingsanerkennung (weiter) Erstattungsforderungen auf Grundlage der Verpflichtungserklärung geltend gemacht oder Sozialleistungen verweigert, sollte ebenfalls unverzüglich (anwaltlicher) Rat eingeholt werden.

  • Erlass des Innenministeriums NRW vom 24. April 2015 (PDF)
  • Auszug aus der Antwort der Bundesregierung vom 19.12.2014 auf die Kleine Anfrage der Fraktion "DIE LINKE" (BT-Drs. 18/3627) (PDF)
  • 29.10.2014 Kontextwochenzeitung: "Helfen bis zum Ruin"

Zurück