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VG Schleswig: Unterbrechung der Dublin-Fristen durch das BAMF ist europarechtswidrig

Da Dublin-Überstellungen im Hinblick auf die Corona-Krise derzeit nicht durchgesetzt werden können, hat das BAMF in vielen Dublin-Fällen die Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO i.V.m. Art. 27 Abs. 4 Dublin-III-VO ausgesetzt.

Das VG Schleswig hat nun entschieden, dass - in diesem Fall - Italien für das Asylverfahren des Betroffenen nicht mehr zuständig sei, da die sechsmonatige Überstellungsfrist abgelaufen sei. Die Aussetzung der Überstellungsfrist durch das BAMF sei nicht mit Europarecht zu vereinbaren, denn "durch eine zeitlich unbeschränkte Aussetzung drohte anderenfalls ein Zustand, in dem der Asylantrag des Klägers (mindestens) monatelang nicht geprüft würde". Was dem Beschleunigungsgedanken widerspräche. Eine Aussetzung der Überstellungsfrist könne allenfalls geltend gemacht werden, wenn es der Durchführung eines Rechtsbehelfsverfahrens diene. 

Auch gäbe es laut der Europäischen Kommission keine Vorschrift der Dublin III-VO, die es erlaubt, vom Zuständigkeitsübergang nach Ablauf der vorgesehenen Frist aufgrund der Corona-Krise abzuweichen.

Das BAMF hat die Zulassug der Berufung beantragt. Diese wurde nun vom OVG Schleswig-Holstein abgelehnt, mit dem Verweis, dass der vom BAMF geltend gemachte Klärungsbedarf nicht besteht, da das Bundesverwaltungsgericht bereits mit Urteil vom 09.08.2016 entschieden hat, dass eine behördliche Aussetzungsentscheidung gem. § 80 Abs. 4 VwGO im Geltungsbereich der Dublin-II-VO zu einer Unterbrechung der Überstellungsfrist führt, wenn diese aus sachlich vertretbaren Erwägungen erfolgt. Mit der Frage, ob die Aussetzung aufgrund der Corona-Krise eine sachlich vertretbare Erwägung darstellt, hat sich das OVG nicht befasst. Auch nicht mit der weiteren Urteilsbegründung des VG Schleswig. Das Urteil des VG Schleswig wird damit rechtskräftig.

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