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Unterbringung und Sozialversorgung von Flüchtlingen: Vielerorts nach wie vor mangelhaft
Während das Integrationsministerium am 30. Januar seine „Politischen Schwerpunkte 2012“ vorgestellt hat und ein runder Tisch im Laufe des Jahres Vorschläge zur Verbesserung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes diskutieren soll, geht der diskriminierende Alltag für die Flüchtlinge weiter. Der Bedarf an Veränderung ist groß. Hier einige Beispiele:
- Neckar-Odenwald-Kreis November 2011 - Der Landkreis gibt sein Projekt, die Flüchtlinge statt in der maroden Kaserne in Hardheim in einer neuen zentralen Unterkunft in Auerbach unterzubringen, auf. Die populistische Bürgerinitiative Pro Auerbach feiert dies als Erfolg. Vorschläge (auch des Flüchtlingsrats) für dezentrale Unterbringungsformen an verschiedenen Orten wurden nicht beachtet.
- Enzkreis Dez. 2011 / Jan. 2012 – Das Landratsamt Enzkreis erklärt in einer Antwort auf eine umfangreiche Anfrage des Flüchtlingsrats, dass die abgelegene Flüchtlingsunterkunft im „Holzbachtal“ nicht geschlossen werden soll. Die Kritik an der Isolation der Flüchtlinge wird genauso wenig aufgenommen wie die Kritik an den Essenspaketen, bei denen die Pakete auf eine mehr als fragwürdige Art nach kultureller Herkunft ausgegeben werden: Afrikaner – Moslem – Europäer – China 1 u.a. Auch bei der Versorgung bei Krankheit gibt es eklatante Mängel. Die Standards, die die neue Landesregierung erreichen will, werden dort offenbar nicht angestrebt, es wird stattdessen gesagt, dass ein Änderungsbedarf solange nicht bestehe, wie es keine Vorgaben vom Land gibt.
- Ostalbkreis 04.02.2012 Südwest Presse: "Zwischen Hoffen und Bangen. Flüchtlinge zermürbt das Nichtstun in den voll besetzten Asylbewerberheimen" (PDF, Autorin: Juliane Baumgarten) Reportage über die Lebensverhältnisse in der Gemeinschaftsunterkunft Schwäbisch Gmünd und anderswo in BW, geschrieben nach dem Suizid eines 29-jährigen iranischen Flüchtlings im Würzburger Flüchtlingsheim.
- Breisgau-Hochschwarzwald 27.01.2012 - Badische Zeitung: "Ein Dorf fühlt sich überfordert. Der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald will in dem 360 Einwohner zählenden Ort Altglashütten 90 Flüchtlinge unterbringen." Nach Protesten aus der Bevölkerung und sogar Anrufung des Ministerpräsidenten rudert der Landkreis zurück und will die Zahl der Flüchtlinge auf 50 Personen begrenzen. Das altbekannte "Modell", an möglichst abgelegenen Orten möglichst viele Menschen zu möglichst geringen Kosten unterzubringen, funktioniert auch hier nicht. Nun soll bei einer Bürgersprechstunde Ende Februar eine Lösung gefunden werden.
- Lörrach 11. Januar 2012 Badische Zeitung: "Entscheidung über Zukunft des Asylbewerberheims (Rheinfelden) noch im Januar." Die fast 30 Jahre als Asylunterkunft in der Schildgasse ist marode und müsste total renoviert werden. Dies lässt der Mietvertrag aber nicht zu. Der Landkreis denkt über Alternativen nach, sogar über Neubau. Die Landesregierung will wohl in Zukunft mehr als 4,5 Quadratmeter Lebensraum pro Person zulassen - aber wie viele genau?
- Zollernalbkreis 24.12.2011 Südwest Presse: "Durchschnittlich vier Jahre im Heim. Ortsbesichtigung: Das Asylbewerberheim in Hechingen ist ordentlich geführt, aber es fehlt an vielem." Lange Aufhältigkeit, Überfüllung, schlechte Hygiene, Lagershop...
- Stuttgart 20.1.2012 Stuttgarter Zeitung: "Der Stadt fehlen Flüchtlingsunterkünfte.Stuttgart fordert vom Land eine gerechte Verteilung - auch der unerlaubt eingereisten Ausländer." (Autor: Matthias Bury)
- Sigmaringen 22.12.2011 Schwäbische Zeitung: "Die Flüchtlingsunterkunft in Laiz hat viele zu große Zimmer. Flüchtlingsrat Baden-Württemberg macht sich ein Bild von der Unterbringung der Asylbewerber." (Autorin: Anita Metzler-Mikuteit)
- Konstanz 24.12.2011 Südkurier: "Zum Nichtstun verdonnert. Kaum Förderung für junge Asylbewerber. Forum für Integration sucht Lösungen." (Autorin: Claudia Rindt)
- Rhein-Neckar-Kreis Februar 2012: Die afrikanische Frau, die sich am 13.10.2011 aus Angst vor Abschiebung aus dem Fenster ihres Zimmers im zweiten Stock der Gemeinschaftsunterkunft Sinsheim gestürzt hatte (wir berichteten), muss wieder in die Unterkunft zurück, weil keine Wohnung für sie gefunden werden konnte.
- Neckar-Odenwald-Kreis 11. Februar 2012 Rhein-Neckar-Zeitung: "Der Bürgerkrieg hat ihm fast alles genommen. Ibrahim Abdullahi ist vor Islamisten aus Somalia geflüchtet - 27-jähriges Bürgerkriegsopfer benötigt eine Armprothese." (Autor: Rüdiger Busch). Das Landratsamt verweigert standhaft die Übernahme von Kosten für eine aus medizinischen Gründen indizierte Armprothese (durch Gutachten bestätigt) und begründet dies mit den eingeschränkten Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Mit einem Spendenaufruf sollen nun die Kosten für die Prothese eingeworben werden (siehe am Ende des Artikels). Ein ähnlicher Fall ist uns kürzlich aus Überlingen geschildert worden. Dort verweigert der Landkreis einem 10-jährigen Jungen eine Orthese, die chronische Schmerzen in Bein und Fuß reduzieren würde.