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Kretschmann erwägt weitere „sichere Herkunftsländer“

Nach seinem Vorschlag, Asylbewerber verstärkt in schwach besiedelten Gebieten der neuen Bundesländer unterzubringen, erwägt Ministerpräsident Kretschmann nun die Einstufung weiterer Länder aus dem Balkan als „sichere Herkunftsstaaten“. „Wenn die Bundesregierung darlegt, dass es sinnhaft ist und was bringt, bin ich dafür offen. Schließlich habe ich schon mal sicheren Herkunftsländern zugestimmt,“ sagte er am Dienstag gegenüber der Frankfurter Rundschau. Gegenüber dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg sagte ein Sprecher des Ministerpräsidenten, man würde zunächst den Monitoring-Bericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zur Effektivität der Regelung abwarten. Hauptkriterien für die Auswertung seien der Effekt auf die Zugangszahlen, Unterschiede in der Anerkennungsquote sowie die Frage, ob die verfahren durch die Regelung beschleunigt würden. Obwohl Kretschmann noch immer gegen eine solche Einstufung sei, wäre man im Falle positiver Effekte offen für Gespräche. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Thomas Strobl, betonte die Effektivität der Einstufungen, da die Anzahl der Asylanträge aus diesen Ländern, seit sie „sicher“ genannt werden, um 35 Prozent zurückgegangen sei. Strobl berücksichtigte dabei, wie er auf eine Anfrage des Flüchtlingsrats hin erörterte, lediglich den Monat November 2014, in dem die Regelung der „sicheren Herkunftsstaaten“ eingeführt wurde, sowie den Monat Mai 2015. Strobl verschweigt dabei jedoch die Tatsache, dass die Antragszahlen aus den „sicheren Herkunftsstaaten“ bezogen auf das gesamte erste Halbjahr 2015 eine deutlich steigende Tendenz im Vergleich zum Jahr 2014 aufweisen. Insofern ist die sogenannte Wirkung der Regelung durchaus zu bezweifeln.

In der öffentlichen Debatte wird momentan leider die Tatsache vernachlässigt, dass die Einstufung eines Landes als sicher kein migrationspolitisches Instrument darstellen sollte. Die Einstufung wird momentan fast ausschließlich vor dem Hintergrund der Zugangszahlen aus dem jeweiligen Land diskutiert. Die Frage, wie die Situation in den Herkunftsstaaten der Flüchtlinge, insbesondere aus den Balkanstaaten, aussieht, spielt dabei eine äußerst untergeordnete Rolle. Ein „sicherer Herkunftsstaat“ sollte dagegen nur auf Basis der Situation im Land selbst eingestuft werden, nicht aufgrund der Anzahl der Menschen, die sich gezwungen sehen aus ihrem Heimatland zu fliehen.

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