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Keine Abschiebung in Elend und Diskriminierung - und nicht in den Winter!

Flüchtlingsrat Baden-Württemberg protestiert gegen die geplante Abschiebung der mazedonischen Familie Veselovikj aus Hardheim (Neckar-Odenwaldkreis)

Im August diesen Jahres kam die 5-köpfige Familie Veselovikj aus Mazedonien nach Deutschland, am 11. Dezember soll sie schon wieder abgeschoben werden. Wie viele andere Minderheitenangehörige floh die Familie vor massiver Diskriminierung, gegen die die staatlichen Behörden keinen Schutz boten. Bereits vor der Flucht haben sie in Mazedonien ihr Hab und Gut verloren. Eines der drei kleinen Kinder hat eine Immunschwäche-Krankheit, die unter den Armutsbedingungen im Heimatland nicht behandelt werden kann. Momentan läuft noch ein Eilantrag des Rechtsanwalts der Familie mit dem Ziel der Aussetzung der Abschiebung. Dieser Antrag wird auch von der Landtagsfraktion der Grünen unterstützt, die Innenminister Reinhold Gall (SPD) um eine Stellungnahme zu diesem Einzelfall gebeten hat.

Mitarbeiter/-innen und Vorstandsmitglieder des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg werden am morgigen 6.12. um 15.00 Uhr vor der Gemeinschaftsunterkunft in Hardheim gegen die geplante Abschiebung protestieren und der Familie ihre Solidarität ausdrücken. Weiterer Anlass des Vor-Ort-Termins in Hardheim ist ein Besuch der Unterkunft durch die Bundestagsabgeordnete Ingrid Hönlinger (Bündnis 90 / Die Grünen). Zusammen mit Kreisverbandsmitgliedern der Grünen und Vertretern des Landratsamts wird es bei diesem Besuch vor allem um die Unterbringungsbedingungen in der ehemaligen US-Kaserne gehen sowie um den Stand der Umsetzung der Übergangsregelungen zum Flüchtlingsaufnahmegesetz im Neckar-Odenwaldkreis. Flüchtlingsrat-Vorstands-Mitglied Ulrike Duchrow aus Heidelberg: "Wir bitten Frau Hönlinger, die Familie Veselovikj zu besuchen und sich ebenfalls für eine Aussetzung der Abschiebung einzusetzen."

Neben der Familie Veselovikj sollen am 11. Dezember ca. 100 Flüchtlinge aus Serbien und Mazedonien in einer Sammelabschiebung abgeschoben werden, darunter rund 35 Menschen aus Baden-Württemberg, zu denen auch Familien wie die Veselovikjs gehören. Zuständig für die Durchführung der Abschiebung ist (wie immer) das Regierungspräsidium Karlsruhe. Der Flüchtlingsrat kritisiert diese Sammelabschiebungen scharf: "Fast gleichzeitig zum internationalen "Tag der Menschenrechte" (10. Dezember) lässt unsere Landesregierung eine Massenabschiebung von erst kürzlich eingereisten Minderheitenangehörigen zu. Stattdessen sollte sie sich auf nationaler und EU-Ebene darum kümmern, dass Minderheiten besser geschützt und unterstützt werden - und Abschiebungen aussetzen, nicht nur an Weihnachten, sondern auch davor und danach" so Ulrike Duchrow.

Kontakt:
Ulrike Duchrow: 06221-712786
Geschäftsstelle Flüchtlingsrat: 0711-553283-4,
in Hardheim vor Ort: Andreas Linder 0151-50605231

siehe auch 14.11.2012 Pressemitteilung Flüchtlingsrat BW: "Keine Abschiebung von Roma-Flüchtlingen im Winter"


Hintergrund-Informationen:
Den Minderheitenangehörigen, die in den letzten Monaten verstärkt aus dem Balkanraum zu uns gekommen sind, wird vom Bundesinnenminister Friedrich (CSU) und anderen Politikern sowie von einigen Medien "Asylmissbrauch" unterstellt. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli, das in eindeutiger Weise festgestellt hat, dass auch Flüchtlingen ein menschenwürdiges Existenzminimum zusteht, erleben wir einen Rückfall in die Asyldebatten der 80er und 90er Jahre. Es werden schnelle Anhörungen, Ablehnungen und Abschiebungen gefordert und praktiziert. Davon ist jetzt auch die Familie Veselovikj betroffen. Ganz aktuell fordert der Bundesinnenminister die Kürzung der Sozialleistungen für Flüchtlinge aus bestimmten Staaten (vgl. PRO ASYL 30.11.2012: "Bundesregierung will Verfassungsgerichtsurteil unterlaufen").

Diesen neuen populistischen und rassistischen Angriffen auf Flüchtlinge und deren Rechte wollen wir als Menschenrechtsorganisation etwas entgegensetzen. Wir fordern den Respekt vor Minderheitenrechten sowie einen würdigen Umgang mit diesen Menschen statt schnellen Abschiebungen. Wir stellen fest und fordern:
- Die (allermeisten) Flüchtlinge aus den Balkanstaaten haben eine durchaus nachvollziehbare Fluchtmotivation und sind sicher nicht bloß "Armutsflüchtlinge", denn als Minderheitenangehörige leider sie häufig unter starker Diskriminierung.
- Beim Umgang mit diesen Menschen müssen die sozial- und asylrechtlichen Mindeststandards eingehalten werden. Diese Menschen haben wie alle anderen einen Anspruch auf ein faires Asylverfahren mit allen Rechtsmitteln
- Statt Missbrauchs-Rhetorik und Abschiebungen sollte das Augenmerk auf die Minderheitenrechte und die soziale Lage dieser Menschen gelegt werden und Anstrengungen unternommen werden, dass sich die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern nachhaltig verbessern
- Abschiebungen in unwürdige Lebensbedingungen, in Armut, Elend und Diskriminierung sollten unterlassen werden - nicht nur an Weihnachten, sondern auch davor und danach! Eine konsequente Politik in diese Richtung fordern wir vor allem von unserer mit dem Slogan "Humanität hat Vorrang" angetretenen grünroten Landesregierung!

Weitere Informationen zum Themenbereich der Flüchtlinge aus den Balkanstaaten: http://fluechtlingsrat-bw.de/roma-fluechtlinge.html

FLÜCHTLINGSRAT BADEN-WÜRTTEMBERG e.V.
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Fax.: 0711 - 55 32 83-5
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Web: www.fluechtlingsrat-bw.de

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