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8. April - Internationaler Roma-Tag

Presemitteilung der Anlaufstelle PRO ROMA Waldkirch

Anlässlich des Welt-Roma-Tages am 8. April hat die Anlaufstelle PRO ROMA Waldkirch die folgende Pressemitteilung herausgegeben:

 

8. April - Internationaler Roma-Tag

Am 8. April 1971 fand der erste Welt-Roma-Kongress statt. Delegierte von Roma-Organisationen und Aktivist*innen der Roma-Bürgerrechtsbewegung kamen zu dem internationalen Treffen in London zusammen. Dort diskutierten sie über soziale und kulturelle Fragen in Bezug auf die Situation der Roma und formulierten politische Forderungen aufgrund der Verfolgung und Vernichtung unter den Nationalsozialisten und aufgrund gegenwärtiger Diskriminierungsformen.
Eines der wichtigsten Ergebnisse war die Verständigung über die Selbstbezeichnung Roma, die als „umbrella term“ (Überbegriff) für alle Angehörigen der Minderheiten gelten soll. Die Verwendung der rassistischen Fremdbezeichnung Zigeuner wurde abgelehnt. Überdies entstand die Idee einer gemeinsamen Flagge und Hymne, die seitdem Symbole für die weltweite Roma-Bürgerrechtsbewegung und deren politischen Kampf für gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe und den Abbau von Diskriminierungen stehen.
Jährlich wird am 8. April die Kultur der Roma gefeiert und an ihren wichtigen Kampf um Menschen- und Bürgerrechte erinnert. Nach wie vor ist dieser Kampf wichtig, denn noch immer sind Roma europaweit in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen (u.a. Bildungsbereich, Arbeitsmarkt, Wohnungsmarkt) benachteiligt und von Antiziganismus betroffen. Diskriminierungen zeigen sich u.a. durch institutionelle und strukturelle Diskriminierung bis hin zu rassistisch motivierten verbalen oder körperlichen Angriffen. Letzteres nimmt für Roma spürbar zu. Auch sie werden zum Ziel von rassistischem und rechtsextremistischen Hass, der wie in Hanau im Februar 2020 tödlich endet. Unter den Opfern des Anschlags in Hanau war mindestens eine junge Romni und zwei junge Roma Männer, die deutsche Staatsbürger/in und Angehörige der nationalen Minderheit waren.
Die Wahrnehmung, dass auch Menschen mit Romno-Hintergrund von dem Mordanschlag betroffen waren, wurde in der Öffentlichkeit nur marginal wahrgenommen.
Weitere Beispiele verdeutlichen die gegenwärtige Diskriminierung und Stigmatisierung von Roma: Der Fall der Familie Islamovski deutet auf institutionelle und strukturelle Diskriminierung hin. Beide Elternteile arbeiteten in einem Supermarkt nahe Stuttgart, zahlten Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, ihre beiden Kinder besuchten die Schule. Sie waren Teil der Gesellschaft und leisteten einen Beitrag für die Gesellschaft. Die Familie hatte es geschafft in Deutschland den Einstieg in ein eigenständiges Leben zu finden und wurde dennoch im Herbst 2019 nach Nordmazedonien abgeschoben. Dort kämpfen sie seitdem in einem unsicheren Mietverhältnis und mit schwierigen Aussichten, eine Lohnarbeit zu finden, um einen normalen Alltag. Die Geschichte der Familie Islamovski kann beispielhaft für die Geschichte anderer Familien stehen, denen es ähnlich ergeht.
In Bezug auf die Corona-Pandemie zeigt ein aktueller Fall wie ausgeprägt antiziganistische Mechanismen und Stigmatisierung wirken. So mussten fünf Roma und Musiker, die von einem Konzert aus Österreich nach Nordmazedonien zurückkehrten, in Quarantäne und wurden getestet, ob sie mit dem Coronavirus infiziert seien. Der Test fiel bei allen negativ aus. Dennoch befinden sich die Musiker nach wie vor in Quarantäne und werden nicht mit lebensnotwendigen Dingen versorgt. Zudem verbreiten die Medien seitdem die Falschmeldung, dass die Musiker mit dem Coronavirus infiziert seien und darüber hinaus für die Verbreitung des Virus in Nordmazedonien verantwortlich seien, was zum Glück nicht der Fall ist.
Dieses Jahr feiern wir den Internationalen Roma-Tag aus den vorgegebenen gesundheitlichen Vorkehrungen nicht gemeinsam in Waldkirch. Wohl begehen wir diesen Tag mit einem Bewusstsein, weiter für die Belange von Roma einzustehen und zu kämpfen, denn Benachteiligungen von Roma bestehen nicht nur in Westbalkan, sondern europaweit und insbesondere in Deutschland.

Ihre Anlaufstelle Pro-Roma, Waldkirch (Kemal Ahmed und Pfr. Thomas Braunstein)

 

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