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26. Mai 1993 – 26. Mai 2013: 20 Jahre Einschränkung des Grundrechts auf Asyl

Pressemitteilung

Vor genau 20 Jahren schränkte der Deutsche Bundestag das in Artikel 16 Grundgesetz festgeschriebene Grundrecht auf Asyl sehr stark ein. Auf den seitdem geltenden Art. 16a GG können sich nur noch solche politisch Verfolgten berufen, die nicht aus einem sicheren Drittstaat eingereist sind und nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen. Begleitet wurde die Grundgesetzänderung von einem flüchtlingsfeindlichen und rassistischen Diskurs in Politik und Medien, der auch die dadurch ausgelösten damaligen tödlichen Anschläge auf Flüchtlinge und MigrantInnen billigend in Kauf nahm. Die faktische Abschaffung des Asylrechts im Jahr 1993 war „ein Sieg der Straße und eine Niederlage des Rechtsstaats“, so Angelika von Loeper,. 1. Vorsitzende des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg.

Die Verfassungsänderung sowie die vorausgegangenen und darauf folgenden restriktiven Asylgesetze (wie z.B. das Asylbewerberleistungsgesetz oder die Dublin II-Verordnung) prägen bis heute den Geist der deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik maßgeblich mit.

In der Bundestagsdebatte am 26. Mai 1993 behauptete der damalige Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU im Bundestag, Wolfgang Schäuble: „Das sich einigende Europa schottet sich nicht ab. Wir verlagern mit der Entscheidung, die wir heute zu treffen haben, unsere Probleme auch nicht auf unsere Nachbarn in Europa“. Die Realität der vergangenen beiden Dekaden widerlegt diese Aussage. Die Zahl der Asylanträge nahm seit 1993 kontinuierlich ab und verzeichnet erst seit 2008 wieder eine Zunahme. Durch die Drittstaatenregelung schob Deutschland die Verantwortung für den Flüchtlingsschutz auf EU-Grenzstaaten ab, in denen es häufig keine oder nur schlechte asylrechtliche Standards gibt. „Dies hat in den vergangenen Jahren auch zu eklatanten Verletzungen der Genfer Flüchtlingskonvention geführt, vor allem in Griechenland, Italien und Malta“, so Angelika von Loeper weiter. Ca. 16.000 Flüchtlinge und MigrantInnen sind seit 1990 beim Versuch, die EU-Außengrenzen zu überwinden, zu Tode gekommen.

Die Anerkennungsquote auf Grundlage des Art 16a GG liegt konstant bei unter 1%. Erst durch die Übernahme neuer EU-Richtlinien ab 2007 erhalten auch in Deutschland z.B. Opfer nicht-staatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung einen Flüchtlingsstatus entsprechend der Genfer Flüchtlingskonvention.

In seinem jüngst veröffentlichten Jahresbericht bezeichnet Amnesty International die restriktive europäische Asylpolitik als eines Friedensnobelpreisträgers „unwürdig“. Das politisch gewollte Gemeinsame Europäische Asylsystem mit einem hohen Schutzniveau liegt noch in weiter Ferne.

Auch die Lebensbedingungen der in Baden-Württemberg lebenden Flüchtlinge sind nach wie vor verbesserungswürdig. Baden-Württemberg war in den 1980er / 1990er Jahren Vorreiter einer restriktiven Ausgrenzungspolitik gegenüber Flüchtlingen. Auch die aktuelle grün-rote Landesregierung hat die von ihr versprochenen Verbesserungen in Richtung eine humaneren Flüchtlingspolitik bisher nur teilweise umgesetzt. So wurden die Residenzpflicht für Asylsuchende auf Baden-Württemberg ausgeweitet und Bargeldzahlungen statt Sachleistungen durch eine Vorgriffsregelung zum Flüchtlingsaufnahmegesetz ermöglicht. Der für Herbst 2012 angekündigte Entwurf für ein neues Flüchtlingsaufnahmegesetz steht allerdings immer noch aus. „Das neue Flüchtlingsaufnahmegesetz muss gute Standards für die Aufnahme, Unterbringung und Sozialversorgung der Flüchtlinge in Baden-Württemberg festlegen. Bei den Sozialleistungen hoffen wir darauf, dass das Gesetz den Landkreisen Bargeldleistungen vorgibt und somit den Flüchtlingen ermöglicht, Lebensmittel nach ihrem individuellen Bedarf einzukaufen.“ so Angelika von Loeper.Nur so können die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes erfüllt werden, wonach in jedem Einzelfall gewährleistet sein muss, dass mit den Leistungen das physische und soziokulturelle Existenzminimum gedeckt wird.

 

Hinweis:
Pressemitteilung von PRO ASYL vom 23. Mai 2013: 
26. Mai: 20 Jahre Änderung des Grundrechts auf Asyl. Startschuss für einen europäischen Wettlauf der Schäbigkeiten. PRO ASYL fordert ein gemeinsames EU-Asylrecht auf hohem Schutzniveau.

 

Kontakt:
Angelika von Loeper, 0172-6185384
Geschäftsstelle des Flüchtlingsrats: 0711-5532834

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