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Geflüchtete aus Eritrea protestieren gegen Verhinderung des Familiennachzugs

"Auch Geflüchtete haben ein Recht auf Familie!"

Angehörige der eritreischen Communities in ganz Deutschland haben einen Brief zu den Problemen des Familiennachzugs verfasst und machen ihre Forderungen an Bundes- und Landesbehörden deutlich. Es geht hierbei um die Beschaffung der von Deutschland geforderten Dokumente für den Familiennachzug. Am Montag, 13. Juli, werden die Forderung im Rahmen einer Demonstration in Berlin auf die Straße getragen. Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg ist eine der zahlreichen Organisationen, die den Aufruf unterstützen.

„Die Familientrennung macht uns so kaputt, dass wir als Dauerpatient*innen in der Psychotherapie enden. Viele von uns leiden unter Depression, Ehen gehen in die Brüche. Das kann doch nicht wirklich von einem Schutz gewährenden Staat gewollt sein!" sagt Hanan Mohamed Abdel Kader.

In ihrem Brief heißt es:

„Die Beschaffung der genannten Dokumente aus Eritrea ist für uns eine unzumutbare Handlung, weil wir von den deutschen Behörden gezwungen werden zu den Vertreter*innen der gleichen Regierung zu gehen, vor der wir geflohen sind.

Es kann nicht sein, dass uns der uns Schutz gewährende deutsche Staat auffordert, unseren Verfolgerstaat zu kontaktieren, ihm erlauben, uns zu demütigen und zuzulassen, dass wir gezwungen werden, diese Diktatur auch noch finanziell zu unterstützen.“

Unter anderem fordern sie „die zuständigen deutschen Behörden (Botschaften, Auswärtiges Amt, Ausländerbehörden) auf, die Unzumutbarkeit der Dokumentenbeschaffung in Eritrea anzuerkennen und stattdessen bereits im regulären Visumverfahren individuelle Nachweise der Familienzusammengehörigkeit (vorhandene kirchliche/islamische Urkunden, Familienfotos, DNA-Tests u.a.) zu akzeptieren.“

 

Aufruf

Auch Geflüchtete haben ein Recht auf Familie!

Wir sind ca. 1200 anerkannte schutzberechtigte Menschen aus Eritrea und haben einen Rechtsanspruch auf Familiennachzug. Trotzdem müssen unsere Kinder und Ehepartner*innen jahrelang in politisch instabilen Drittstaaten wie dem Sudan und Äthiopien auf den Familiennachzug warten und unsere Familien sind seit vielen Jahren schmerzhaft getrennt.

Denn die deutsche Bürokratie legt uns unüberwindbarer Hürden in den Weg:

Für ein Visum zum Familiennachzug sollen wir bei den deutschen Botschaften Dokumente einreichen, die wir nicht haben und nur unter unzumutbaren Bedingungen besorgen können.
Die deutschen Behörden verlangen von uns, dass alle Dokumente in Eritrea staatlich geprüft werden müssen. Dafür müssen wir jemand in Eritrea bevollmächtigen, diese Vollmacht muss bei der eritreischen Botschaft erledigt werden. Dort müssen wir eine Reueerklärung unterschreiben, in der wir erklären, dass es uns Leid tut, unser Land verraten zu haben, indem wir geflüchtet sind. Gleichzeitig akzeptieren wir durch die Erklärung jegliche Strafe, die der eritreische Staat für angemessen hält. Außerdem zwingt die Botschaft uns, die sogenannte Aufbausteuer (monatlich 2% des eigenen Nettoeinkommens) an den eritreischen Staat zu bezahlen.
Das alles ist dem Auswärtigen Amt, die den Botschaften übergeordnete Behörde, auch bekannt. Trotzdem behauptet das Auswärtige Amt, die Unzumutbarkeit dieses Verfahrens sei nur in einer „Einzelfallprüfung“ festzustellen. Das nennen wir Behördenwillkür: Bis 2017 haben die Botschaften auch religiöse Eheurkunden oder andere Beweise für die familiäre Bindung akzeptiert. Mittlerweile werden individuelle Beweise der Familienzusammengehörigkeit erst im Klage- oder Remonstrationsverfahren überprüft.

So zwingen uns deutsche Behörden zu den Vertreter*innen der gleichen Regierung zu gehen, vor der wir geflohen sind. Sie erlauben dem eritreischen Verfolgerstaat, uns zu demütigen und uns zu zwingen, diese Diktatur auch noch finanziell zu unterstützen.

Dagegen wehren wir uns!

Wir fordern die zuständigen deutschen Behörden auf, die Unzumutbarkeit der Dokumentenbeschaffung aus Eritrea anzuerkennen und stattdessen individuelle Nachweise der Familienzusammengehörigkeit (zum Beispiel vorhandene kirchliche/islamische Urkunden oder Familienfotos) zu akzeptieren.

Wir fordern die Botschaften und die Ausländerbehörden auf, die Anträge auf Familiennachzug prioritär zu behandeln. Die langen Warte- und Bearbeitungszeiten müssen sich verkürzen.

Diese Forderungen tragen wir auf die Straße und werden sie bei unserer Abschlusskundgebung dem Auswärtigen Amt übergeben.

 

Dieser Brief wird unterstützt von:
Eritreische Gemeinschaft Berlin und Umgebung EGBU
Eritrean Voices in Germany e.V.: UEVG e.V.
We’ll Come United Berlin Brandenburg
Initiative „Familienleben für Alle!“
PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.
Flüchtlingsrat Berlin e.V.
Hessischer Flüchtlingsrat e.V.
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Flüchtlingsrat Brandenburg e.V.
Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V.
Flüchtlingsrat Thüringen e.V.
Flüchtlingshilfe Schönkirchen e.V.
Nachbarschaftshaus Urbanstraße e.V.
Cafe Exil Hamburg

 

Demonstration in Berlin am Montag, 13. Juli 2020
Auftakt: 11:00 Uhr am Tränenpalast, S-Bahnhof Friedrichstraße
Zwischenkundgebungen: ca 12:15 Uhr vor dem Deutschen Bundestag, ca 13:15 Uhr vor dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Glinkastraße 24, 10117 Berlin
Abschlusskundgebung: ca 14:00-15:00 Uhr vor dem Auswärtiges Amt, Werderscher Markt 1, 10117 Berlin

Für die Teilnahme an der Demonstration ist das Einhalten von Abstandsregeln und das Tragen von Atemschutzmasken zwingende Voraussetzung.

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