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Flüchtlingsrat unterstützt Flüchtlingsprotest in Stuttgart

Pressemitteilung

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg unterstützt die Anliegen der protestierenden Flüchtlinge aus dem Main-Tauber-Kreis vor dem Ministerium für Integration in Stuttgart
Seit Mittwoch, 17. Juli, campieren etwa 40 Flüchtlinge aus dem Main-Tauber-Kreis vor dem Integrationsministerium in Stuttgart. Sie protestieren gegen

  • schlechte Unterbringungsbedingungen im Landkreis
  • schlechte Nahrungsversorgung mit Essenspaketen
  • Kürzung bzw. Streichung des sogenannten Taschengelds
  • Arbeitsverbote
  • fehlenden Zugang zu Sprachkursen etc.

In einer Erklärung schreiben sie, dass sie seit 8 Monaten versuchen, Verbesserungen zu erreichen. Das Landratsamt gehe aber auf nichts ein und habe ihr Anliegen  bislang nicht ernst genommen. Deshalb haben sie sich entschlossen, vor dem Integrationsministerium zu bleiben, bis auf ihre Forderungen eingegangen wird. Die Flüchtlinge stellen sich auf mehrere Tage bzw. Wochen Protestaktion ein. Das Ministerium hat mittlerweile Kontakt mit dem Landratsamt Main-Tauber-Kreis aufgenommen und will die dortigen Probleme diese Woche zur Sprache bringen. Integrationsministerin Bilkay Öney sprach am 18. Juli persönlich mit den Protestierenden und zeigte Verständnis für deren Anliegen.

Eine Humanisierung der Aufnahmebedingungen ist möglich
Seit August 2012 erlauben die vom Ministerium für Integration herausgegebenen "Vorläufigen Anwendungshinweise" zum Flüchtlingsaufnahmegesetz den Stadt- und Landkreisen, Verbesserungen bei der Unterbringung und Sozialversorgung der Flüchtlinge vorzunehmen. Hierzu gehören:

  • Geringere Belegungsdichte in den Unterkünften (aktuell müssen die BewohnerInnen der großen Gemeinschaftsunterkunft in Bad Mergentheim auf ca. 4,5 qm pro Person leben)
  • Unterbringung in Wohnungen,insbesondere bei Härtefällen und Menschen, deren Asylverfahren sehr lange dauert
  • Umstellung von Sachleistungsversorgung (Essenspakete, Gutscheine) auf Bargeldleistungen.

„Uns ist nichts bekannt, dass im Main-Tauber-Kreis (im Gegensatz zu zahlreichen anderen Kreisen) davon bisher etwas umgesetzt wurde“ sagte Angelika von Loeper, 1. Vorsitzende des Flüchtlingsrats. Das dortige Landratsamt kürzt auch nach wie vor das sogenannte Taschengeld, obwohl das Bundesverfassungsgericht in seinem wegweisenden Urteil vom Juli 2012 klar und deutlich gemacht hat, dass das soziokulturelle Existenzminimum bei Asylsuchenden nicht aus migrationspolitischem Kalkül unterschritten werden darf. Zahlreiche Sozialgerichte haben die Praxis der Leistungskürzungen nach § 1a Asylbewerberleistungsgesetz daraufhin als nicht rechtmäßig erklärt und aufgehoben. In Bayern und Rheinland-Pfalz wird dieses Sanktionsinstrument nicht mehr angewendet, aber immer noch in zahlreichen konservativ regierten Landkreisen in Baden-Württemberg. 

Nicht nur im Main-Tauber-Kreis versuchen Flüchtlinge, sich für bessere Lebensbedingungen einzusetzen
„In zahlreichen weiteren Stadt- und Landkreisen nutzen die Landratsämter die vom Integrationsministerium geschaffenen Spielräume für eine humanre Flüchtlingsaufnahme nur sehr zaghaft oder gar nicht. Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg fordert alle Stadt- und Landkreise auf, die Möglichkeit von verbesserten Aufnahmebedingungen zu nutzen. Asylsuchende Flüchtlinge brauchen Respekt und Solidarität statt Gleichgültigkeit oder Ausgrenzung“, so Angelika von Loeper weiter. Auf der ganzen Welt gibt es über 45 Millionen Flüchtlinge. Die wenigsten davon erreichen sichere Zufluchtsländer. Diejenigen, die es trotz aller Abschottungsmaßnahmen an den Grenzen schaffen, nach Europa bzw. nach Deutschland zu kommen, sollten wir mit Würde und Respekt behandeln und ihnen die Hilfe und Unterstützung bieten, die sie brauchen.

  • 23.07.2013 Pressemitteilung Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg unterstützt die Anliegen der protestierenden Flüchtlinge aus dem Main-Tauber-Kreis vor dem Ministerium für Integration in Stuttgart [PDF]

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