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Flüchtlingsrat kritisiert Abschiebung nach Afghanistan

Erneut sind am Dienstag, den 14.01.20 Menschen nach Afghanistan abgeschoben worden, und erneut hat sich Baden-Württemberg daran beteiligt. Erneut wurden – auch von Baden-Württemberg aus – berufstätige Menschen abgeschoben – trotz aller Proteste aus der Wirtschaft, und trotz aller Beteuerungen aus der Politik, wonach dies nicht mehr vorkommen solle.

Erst am Donnerstag letzter Woche hatte Andreas Schwarz, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag, bei einer Podiumsdiskussion der Unternehmensinitiative für Bleiberecht gesagt: „Wir sorgen dafür, dass es keine Abschiebungen mehr von gut integrierten geflüchteten Menschen in Arbeit geben wird“ und fügte hinzu, Innenminister Thomas Strobl habe dies „fest zugesagt“. Fünf Tage später ist im Hinblick auf Abschiebungen nach Afghanistan klar, wer als Afghane unter die Kategorie „Straftäter“, „Gefährder“ oder „hartnäckiger Identitätsverweigerer“ fällt, wird weiterhin abgeschoben – auch wenn er sich in Ausbildung oder Arbeit befindet. Dementsprechend fallen bei der Entscheidung, ob jemand gut integriert ist, all diejenigen heraus, die in eine der drei Kategorien eingruppiert werden. Dabei sind die genannten Kategorien durchaus problematisch. Wenn von der Abschiebung von Straftätern die Rede ist, mögen viele an gefährliche Gewaltverbrecher denken. Im Dezember sollte allerdings ein berufstätiger Afghane als „Straftäter“ abgeschoben werden, dessen einzige strafrechtliche Verurteilung daher rührte, dass er (mangels legaler Alternativen) mit einem gefälschten Pass eingereist war. Dies vermittelt den Eindruck, dass es bei der Entscheidung wer als „gut integriert“ gilt, keine Rolle spielt, um welche Straftat es sich handelte und inwieweit die Person in Vereinen aktiv war, eine Ausbildung erfolgreich absolvierte oder einer Beschäftigung nachging.

„Mehr noch, dass Baden-Württemberg überhaupt zwischen „guten und schlechten“ Afghanen unterscheidet, ist inakzeptabel. Denn jeder Mensch, der nach Afghanistan abgeschoben wird, ist von Menschenrechtsverletzungen bedroht. Menschenrechte sind aber universell und stehen allen zu. Jede Abschiebung nach Afghanistan – egal wen es trifft – ist eine zu viel“, so Seán McGinley vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.

Afghanistan ist laut „Global Peace Index“ das gefährlichste Land der Welt. Die Rückkehrenden haben in aller Regel keine Chance, ein ansatzweise menschenwürdiges Leben zu führen. Die meisten von ihnen werden Opfer von Gewalt und oftmals zur erneuten Flucht gezwungen.

Dem Flüchtlingsrat liegt zudem ein Bericht einer Ehrenamtlichen vor, die in ihrer Rolle als Unterstützerin unfreiwillig Teil des Abschiebevorgangs wurde. In diesem Fall hatte eine Ausländerbehörde aus der Rhein-Neckar-Region einer Ehrenamtlichen gegenüber die Notwendigkeit der persönlichen Anwesenheit des Geflüchteten in einem Termin zur Verlängerung seiner Duldung geäußert. Als sie gemeinsam mit dem Geflüchteten auf der Behörde eintraf, wurde der Afghane von mehreren bewaffneten Polizist*innen festgenommen und in die Abschiebehafteinrichtung nach Pforzheim gebracht.

Ein solche Instrumentalisierung des Ehrenamts schädigt das Vertrauensverhältnis zwischen Ehrenamtlichen und Geflüchteten und macht eine gute Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Ehrenamt unmöglich. Der Flüchtlingsrat fordert daher zu Respekt gegenüber der Stellung des Ehrenamtes auf, insbesondere im Kontext von Abschiebungen.

 

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