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Flüchtlingslager Choucha in Tunesien. Foto: afrique-europe-interact

Auslagerung des Flüchtlingsschutzes nach Afrika?

Auf EU- und Bundesebene wird derzeit über die Einrichtung von Auffanglagern für Flüchtlinge in Afrika diskutiert. Dabei gehen die Meinungen weit auseinander: Bundesinnenminister de Maizière und seine österreichische Amtskollegin machen sich für die Transitzentren stark. Kritik kommt u.a. von Bundesjustizminister Maas sowie von Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen. Weiter befeuert wird die Debatte durch Vorschläge, die Seenotrettung und anschließende Aufnahme der geretteten Flüchtlinge in nordafrikanische Staaten auszulagern.

Bundesinnenminister de Maizière betrachtet die sogenannten "Willkommenszentren" als eine Maßnahme, um Schleusern das Handwerk zu legen und das Sterben von Tausenden von Menschen im Mittelmeer zu verhindern. Betrieben werden könnten die Zentren seiner Aussage nach vom UNHCR. Unterstützt wurde de Maizière auf der EU-Innenministerkonferenz beispielsweise von seiner österreichischen Amtskollegin Johanna Mikl-Leitner. Sie forderte die EU-Kommission auf, noch vor dem Sommer einen Vorschlag für ein Pilotprojekt vorzulegen.

Bundesjustizminister Heiko Maas zeigte sich indes skeptisch, insbesondere was die Möglichkeiten des Rechtsschutzes in den betroffenen Ländern anbelangt. Er zog zudem in Zweifel, ob die Transitlager tatsächlich Flüchtlinge von der gefährlichen Überfahrt abhalten könnten: "Wenn die Flüchtlinge diese Zentren nicht als Tür, sondern als Mauer wahrnehmen, werden sie sich leider nicht abhalten lassen, weiter den Weg über das Meer zu suchen".

Heftige Kritik an dem Vorschlag äußerte auch PRO ASYL. Europareferent Karl Kopp bezeichnete die Debatte als "[...] Blendwerk, um Europas völlige Tatenlosigkeit angesichts des Massensterbens im Mittelmeer und des Flüchtlingselends auf der anderen Seite des Mittelmeers zu verdecken". Die Idee diene eher der Abschreckung denn der Rettung von Menschenleben. Mahnendes Beispiel hierfür sei das Wüstenlager Choucha in Tunesien, das 2011 eingerichtet wurde. 20.000 Flüchtlinge hofften hier auf eine Ausreise, nach monatelanger Wartezeit fand jedoch nur ein Bruchteil von ihnen Zuflucht in westlichen Staaten. Statt der Errichtung von Lagern in Afrika plädiert PRO ASYL für weitere Aufnahmeprogramme und für eine gemeinsame europäische Seenotrettung.

Diese Seenotrettung sollte jedoch nicht so aussehen, wie derzeit in EU-Kreisen diskutiert wird: Laut einem Papier der italienischen Regierung könnten Mittelmeeranrainerstaaten wie Ägypten und Tunesien Geld dafür erhalten, dass sie in Seenot befindliche Flüchtlinge nach der Benachrichtigung durch die italienische Küstenwache retten und somit nach Nordafrika zurückbringen. Diese Flüchtlinge sollten dann auch in Nordafrika aufgenommen werden. Die grüne EU-Abgeordnete Barbara Lochbihler bezeichnete ein solches Vorgehen als "Legalisierung sogenannter Pushbacks".

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