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„Endstation“ 1. Instanz? – VGH Präsident plädiert für erweiterten Rechtsschutz im Asylverfahren

Im verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzsystem nimmt das Asylrecht in mehrfacher Hinsicht eine bemerkenswerte Ausnahmeposition ein. Das betrifft zum einen das sogenannte Eilverfahren, in dem der Richter in aller Regel „vom Schreibtisch aus“ entscheidet. Anders als im „normalen“ verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist der Weg in die zweite Instanz dort nämlich von vorneherein versperrt. Die Möglichkeit einer Beschwerde wurde anlässlich der „Asylwelle“ in den 90iger Jahren abgeschafft. Das hat die merkwürdige Folge, dass ein Antragsteller, der sich im Wege des Eilverfahrens gegen einen Gebührenbescheid i.H.v. 5 € wendet, im Falle einer negativen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht noch den VGH anrufen kann, während der Asylbeschluss, in dem es überspitzt formuliert um Leben oder Tod gehen kann, sofort rechtskräftig wird. Hinzu kommt, dass über ein Asylbegehren ein einziger Berufsrichter entscheidet, während in sonstigen verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten die Verantwortung im Normalfall auf den Schultern dreier Berufsrichter lastet. Das Verheerende ist, dass sich das Schicksal des Asylbewerbers häufig de facto schon im Stadium des Eilverfahrens endgültig entscheidet. Kommt es auf Grundlage des Gerichtsbeschlusses nämlich zu einer Abschiebung, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es im Rahmen des meist noch anhängigen Hauptverfahrens tatsächlich zu einer Hauptverhandlung mit einer persönlichen Anhörung des Asylbewerbers kommt, bei lebensnaher Betrachtung gering.

Auch im Hauptsacheverfahren, in dem der Asylbewerber dann in der Regel im Rahmen einer mündlichen Verhandlung Gelegenheit hat, sein Verfolgungsschicksal persönlich vorzutragen, sind die Rechtsmittel im Falle einer (teilweisen) Klageabweisung begrenzt. In bestimmten Fällen gibt es zwar die Möglichkeit einer Berufung vor dem VGH Mannheim. Die Gründe, auf die sie erfolgreich gestützt werden kann, sind dabei aber beschränkt. So kann der Kläger das Urteil etwa nicht wegen ernsthafter Zweifel an seiner Richtigkeit angreifen – eine weitere Besonderheit im Asylrechtsstreit.

Somit ist die 1. Instanz in vielen Fällen auch die letzte. Da das Verwaltungsgericht Karlsruhe einen vergleichbaren Fall aber möglicherweise anders entscheidet als das Verwaltungsgericht Freiburg oder sogar innerhalb eines Gerichts unterschiedliche Rechtsauffassungen zu ein und derselben Frage herrschen, führt dies zu einer landesweit uneinheitlichen Rechtsanwendung. Erfahrungsgemäß orientiert sich die mit der Anwendung und dem Vollzug des Asylrechts jeweils befasste Behörde nämlich an der Rechtsprechung „ihres“ Gerichts.

Vor diesem Hintergrund sprach sich Volker Ellenberger, Präsident des VGH Mannheim, anlässlich des jüngsten Berichts über die Geschäftstätigkeit der Verwaltungsgerichte für eine „maßvolle Erweiterung“ der Rechtsschutzmöglichkeiten aus. Konkret nannte er die Ausweitung der Berufungsgründe und die Wiedereinführung der Beschwerde.

Dass diese Forderungen beim Gesetzgeber zeitnah Gehör finden, erscheint angesichts seiner jüngsten, auf eine weitere Verfahrensbeschleunigung abzielenden Aktivitäten allerdings eher fraglich. Auch Volker Ellenberger äußerte insofern Zweifel. Solange wird es in vielen Fällen weiterhin heißen: „Endstation 1. Instanz!“ Man könnte ergänzen: „Ausgang Eilverfahren!“

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