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Ein wenig Licht und jede Menge Schatten

Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung in Kraft

Nach mehrjährigem Vorlauf ist das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung am 01.08.2015 - mit Ausnahme der Ausweisungsvorschriften- in Kraft getreten. Bei der Vorstellung des Gesetzes formulierte Innenminister De Maizière dessen Zielsetzung unmissverständlich: "Das Gesetz enthält zwei klare Botschaften: Bleiberecht für gut integrierte und rechtstreue Ausländer einerseits und Aufenthaltsbeendigung für diejenigen, die nicht schutzbedürftig sind, andererseits". Die Härte gegenüber letzterer Gruppe sei seiner Ansicht nach nötig, um "die Zustimmung zur Zuwanderung und der Aufnahme von Schutzbedürftigen in Deutschland zu sichern". Dieser Argumentation entsprechend enthält das Gesetz einige Erleichterungen für bestimmte Gruppen von Langzeitgeduldeten sowie zahlreiche Verschärfungen, die die Beendigung des Aufenthalts von abgelehnten Asylbewerber/innen, insbesondere jenen aus den sogenannten "sicheren Herkunftsstaaten", erleichtern sollen.

 

Hier die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

  • Bleiberecht für Langzeitgeduldete: Der neu geschaffene § 25b AufenthG sieht vor, dass langzeitgeduldete Personen nach 8 Jahren und Familien mit minderjährigen Kindern nach 6 Jahren Aufenthalt in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis erhalten können. Voraussetzung hierfür ist, dass keine Straftaten begangen wurden, Sprachkenntnisse auf dem Niveau A2 bestehen und der Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit gesichert ist bzw. dies in Zukunft zu erwarten ist. "Allerdings fehlt eine konsequente Integrationspolitik, die es geduldeten Flüchtlingen ermöglicht, die Anforderungen der Bleiberechtsregelung zu erfüllen", kritisiert PRO ASYL. Daneben wird eine große Gruppe Geduldeter von vornherein von einem Bleiberecht ausgeschlossen worden, nämlich jene Flüchtlinge, die wegen Täuschung über ihre Identität oder Verweigerung der Passbeschaffung nicht abgeschoben werden können. Schätzungen zufolge können somit nur einige Zehntausend der bundesweit rund 120.000 Geduldeten auf ein Bleiberecht nach § 25b hoffen.
  • Bleiberecht für gut integrierte Jugendliche: Die Bestimmungen im § 25a AufenthG wurden abgeändert, sodass geduldete Jugendliche bereits nach 4 (statt bisher 6) Jahren Schulbesuch eine Aufenthaltserlaubnis erhalten können. Die Altersgrenze wurde jedoch nicht, wie von PRO ASYL und den Wohlfahrtsverbänden gefordert, von 21 auf 27 Jahre angehoben, sodass Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge, die mit 17 Jahren nach Deutschland kommen, nicht von dieser Regelung profitieren können.
  • Duldungsmöglichkeit während einer Ausbildung: Für Ausländer/innen, die vor Vollendung des 21. Lebensjahres eine Berufsausbildung beginnen, kann eine Duldung für die Dauer eines Jahres ausgestellt werden (§ 60a AufenthG). Ursprünglich hatten Wirtschaft und Sozialverbände eine Aufenthaltserlaubnis für Geduldete zum Zwecke der Ausbildung gefordert, die verlängerte Duldung ist demnach eine enttäuschende Kompromisslösung. Auch an dieser Stelle zeigt sich außerdem, dass das Bleiberechtsgesetz die Unterscheidung von guten und schlechten Flüchtlingen festschreibt: So sind Geduldete aus den sogenannten "sicheren Herkunftsstaaten" per se von einer einjährigen Duldung wegen Ausbildung ausgeschlossen.

  • Familiennachzug: Zukünftig haben auch subsidiär Schutzberechtigte einen Anspruch auf Nachzug der "Kernfamilie" (minderjährige Kinder, Ehegatten). Voraussetzung ist allerdings, dass der Antrag auf Familiennachzug innerhalb von drei Monaten nach unanfechtbarer Zuerkennung des subsidiären Schutzes gestellt wird. Bislang bestand diese Möglichkeit nur für anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte. Wichtig: Das Privileg gilt "rückwirkend" auch für alle Personen, die den subsidiären Schutzstatus seit dem 1.1.2011 erhalten haben. Nach § 104 Abs. 11 AufenthG beginnt die 3-Monats-Frist hier mit Inkrafttreten des Gesetzes.
  • Ausreisegewahrsam: Verfassungsrechtlich besonders fragwürdig ist das neu eingeführte Instrument des Ausreisegewahrsams nach § 62b AufenthG. Danach können Ausländer/innen zur Sicherung der Durchführbarkeit der Abschiebung auch ohne das Vorliegen spezieller Haftgründe maximal vier Tage in Haft genommen werden. PRO ASYL verurteilte diese Regelung aufs Schärfste: "Haft ist eine völlig unangemessene Maßnahme gegenüber Schutzsuchenden. Flucht ist kein Verbrechen."
  • Ausweitung der Abschiebungshaft: § 2 Abs. 14 AufenthG sieht vor, dass Abschiebehaft bereits durch folgende Umstände gerechtfertigt ist: bei einem vorangegangenen Entzug der Abschiebung, bei Täuschung über die eigene Identität, bei Verweigerung gesetzlicher Mitwirkungshandlungen oder bei Geldzahlungen an Schlepper. Faktisch erfülle jeder Asylsuchende, der auf dem Landweg in das Bundesgebiet eingereist ist, einen dieser Haftgründe, kommentierte der Deutsche Anwaltsverein diese Bestimmungen.
  • "Dublin-Haft": Laut § 2 Abs. 15 AufenthG können Flüchtlinge mit Dublin-Verfahren allein deshalb in Gewahrsam genommen werden, weil sie "einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz" verlassen haben. Dies steht im Widerspruch zu den Bestimmung der Dublin III-Verordnung.
  • Einreise- und Aufenthaltsverbote für abgelehnte Asylbewerber/innen aus den "sicheren Herkunftsstaaten": Die Neuregelung in § 11 Abs. 7 AufenthG ermöglicht es dem BAMF, abgelehnte Asylbewerber/innen aus den sog. sicheren Herkunftsstaaten sowie Personen, deren zweiter Asylfolgeantrag abgelehnt wurde, mit einem Einreise- und Aufenthaltsverbot zu belegen. Dies gilt auch in Fällen, in denen die Antragsteller freiwillig ausgereist sind. Diese Maßnahme flankiert die Bemühungen von Serbien und Mazedonien, Roma an der Ausreise zu hindern bzw. nach der Rückkehr für ihre Ausreise zu sanktionieren.
  • Datenüberwachung von Ausländern/innen: § 48 Abs. 3 AufenthG sieht die Möglichkeit vor, Datenträger von Ausländern/innen zum Zweck der Identitätsfeststellung auszulesen.

Quellen/Informationen:

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