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Bundesverfassungsgericht: Zur Strafbarkeit illegaler Einreise und begleitender Urkundenfälschung

Nach Art. 31 Abs. 1 GFK werden keine Strafen gegen Flüchtlinge verhängt, die unmittelbar aus einem Gebiet kommen, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht waren und die ohne Erlaubnis nach Deutschland einreisen, wenn sie sich unverzüglich bei den Behörden melden. Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass einem Flüchtling die Verletzung von Einreisevorschriften nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, wenn er nur auf diese Weise Schutz vor Verfolgung erlangen kann.

Der konkrete Fall betraf einen Iraner, der nach einem mehrwöchigen Aufenthalt in Griechenland per Flugzeug nach Deutschland einreiste, wobei er bei der Grenzkontrolle in Deutschland offensichtlich gefälschte Ausweispapiere vorzeigte, die er in Griechenland käuflich erworben hatte.

Auch wenn die Strafbarkeit wegen illegaler Einreise nicht mehr unmittelbar streitgegenständlich war, dürfte diese nach den Ausführungen des BVerfG in derartigen Konstellationen ausscheiden. Als Asylbewerber sei der Iraner Flüchtling i.S.d. Art. 31 Abs. 1 GFK und zwar ungeachtet der Tatsache, dass er über ein anderes EU-Land, nämlich Griechenland, eingereist sei, da das griechische Asylsystem im Zeitpunkt der Einreise bereits unter erheblichen Mängeln litt, so dass Griechenland asylverfahrensrechtlich nicht mehr uneingeschränkt als sicherer Drittstaat angesehen werden könne.

Die Einreise sei auch „unmittelbar“ aus dem Verfolgerland i.S.d. Art. 31 Abs. 1 GFK erfolgt, da sich der Flüchtling zu keiner Zeit in Griechenland niedergelassen, sondern das Land stets als Durchgangsstation auf seinem eigentlichen Ziel „Deutschland“ angesehen habe. Der 40-tägige „Zwischenstopp“ in Griechenland sei insofern unschädlich.

Hinsichtlich der ebenfalls verwirklichten Urkundenfälschung bejahte das BVerfG eine Strafbarkeit dagegen. Tendenziell erfasse Art. 31 GFK nämlich keine sogenannten Begleitdelikte. Mindestbedingung einer Straflosigkeit sei jedenfalls, dass es unzumutbar oder unmöglich sei, die für die Einreise erforderlichen Formalitäten einzuhalten. Das scheide bei einer Einreise auf dem Luftweg regelmäßig aus, weil der Ausländer bereits bei der Grenzkontrolle ein Asylgesuch vorbringen könne. Als unmittelbare Folge davon sei ihm der Aufenthalt gestattet und damit eine legale Einreise nach Deutschland möglich (§§ 18 Abs. 1, 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Hinsichtlich der Vorlage eines gefälschten Passes befinde sich der Ausländer daher nicht in einer „notstandsähnlichen Situation“, wie von Art. 31 GFK vorausgesetzt.

Nach wie vor nicht eindeutig geklärt ist die Rechtslage bei einer – in der Praxis deutlich häufigeren – Einreise auf dem Landweg. Hier stellt sich zum einen die Frage, ob einem Ausländer, der über ein uneingeschränkt sicheres Drittland nach Deutschland einreist, bereits die Flüchtlingseigenschaft i.S.d. Art. 31 GFK fehlt. Nach Ansicht des OLG Stuttgart ist dies nicht der Fall (Urteil vom 02.03.2010, Az.: 4 Ss 1558/09). Zum zweiten ist die Frage hinsichtlich der Strafbarkeit von Begleitdelikten in diesen Fällen möglicherweise anders zu beantworten, denn bei einer Einreise aus einem sicheren Drittland auf dem Landweg erlangt der Ausländer die Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG erst mit Stellung des förmlichen Asylantrags.

In jedem Fall setzt eine Straflosigkeit voraus, dass sich der Ausländer nach seiner Einreise unverzüglich, d.h. bei erstbester Gelegenheit bei den Behörden meldet und die Umstände darlegt, die seine unrechtmäßige Einreise rechtfertigen.

Sollte die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen den Ausländer wegen der genannten Delikte einleiten, sollte unbedingt und unverzüglich Kontakt zu einer Beratungsstelle oder einem/einer asylrechtskundigen Rechtsanwalt/Rechtsanwältin aufgenommen werden.

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