Liebe Mitglieder, Fördermitglieder und Interessierte,
das Jahr 2020 startete mit einer regen Debatte über die Abschiebung von geflüchteten Menschen in Arbeit und Ausbildung — unter anderem angestoßen vom Protest zahlreicher Unternehmen gegen die Abschiebung ihrer Mitarbeiter*innen. Auf Antrag der SPD wurde im Landtag abgestimmt, ob die Abschiebungen von gut integrierten Geflüchteten ausgesetzt und Ermessenspielräume stärker genutzt werden sollen, indem z.B. Ermessensduldungen erteilt werden sollen, wenn Geflüchtete die für die Beschäftigungsduldung nötige Vorduldungszeit von zwölf Monaten noch nicht erfüllen. Baden-Württemberg hätte hier mit gutem Beispiel vorangehen können. Der Antrag scheiterte jedoch bezeichnenderweise an den Gegenstimmen von Grünen, CDU und AfD — aus unserer Sicht ein Armutszeugnis für ein grün geführtes Bundesland.
Erfreulichere Nachrichten gibt es aus der Rechtsprechung: So entschieden weitere Gerichte im Eilverfahren, dass die Leistungskürzung für Alleinstehende in Gemeinschaftsunterkünften verfassungswidrig sind und auch bezüglich der neuen Leistungskürzungen in Dublin-Fällen gab es eine Entscheidung im Sinne der Betroffenen. Und auch die Zivilgesellschaft ist zu unserer Freude weiterhin aktiv, man denke zum Beispiel an den Aktionstag "#Wir haben Platz" am 8. Februar oder die von Geflüchteten organisierte Demonstration für Demokratie und Gerechtigkeit in Togo am 15. Februar in Heidelberg. Wir unterstützen und begrüßen diese Demonstration und rufen zu reger Beteiligung auf.
Damit Sie wissenstechnisch für das Jahr 2020 gut gewappnet sind, bieten wir auch 2020 wieder Fortbildungen an, z.B. zu Themen wie Gesetzesänderungen oder Aufenthaltsverfestigung (aktuelle Termine finden Sie auf unserer Homepage). Seit neuestem können Sie sich auch am heimischen Schreibtisch über unsere Webinare fit machen, auch hierzu finden Sie Informationen unter dem Punkt Veranstaltungen.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Energie für die letzten Wintertage und einen guten Start in den Frühling.
Herzliche Grüße,
Der Vorstand und die Mitarbeiter*innen der Geschäftsstelle des Flüchtlingsrats.
Hinweis: Wenn Sie am Ende der jeweiligen Beiträge auf "Weiterlesen..." klicken, gelangen Sie zur ausführlichen Darstellung auf unserer Homepage und finden dort auch zahlreiche weitere Dokumente und Medienberichte.
1. FLÜCHTLINGSARBEIT
Informationen, Tipps und Arbeitshilfen zur praktischen Flüchtlingshilfe in BaWü und darüber hinaus.
Demonstration: Für Demokratie und Gerechtigkeit in Togo
Togoische Diaspora und Unterstützer*innen demonstrieren in Heidelberg
Das Netzwerk der togoischen Diaspora und Unterstützer*innen rufen zu einer Demonstration am 15. Februar in Heidelberg auf. An diesem Tag will sich Togos Langzeitherrscher Faure Gnassingbé erneut zum Präsidenten wählen lassen. Faire und transparente Wahlen sind nicht zu erwarten. Die Macht des Gnassingbé-Systems wird u.a. durch politische und wirtschaftliche Unterstützung Europas stabilisiert. Heidelberg wurde deshalb ausgewählt, weil HeidelbergCement, einer der größten Investoren, maßgeblichen ökonomischen Einfluss in Togo hat. Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg begrüßt und unterstützt diese wichtige Demonstration, die deutlich machen möchte, dass eine Mitverantwortung für Fluchtursachen auch in Deutschland zu finden ist. Ausführliche Informationen mit Aufruf, Unterstützer*innenliste und Anreiseinfos
Das Gambia-Helfernetz möchte konkrete, alltagsnahe Berichte der hier in Baden-Württemberg lebenden Gambier*innen sammeln: Warum sind sie nach Deutschland gekommen und was erfahren die Flüchtlinge hier über das alltägliche Leben ihrer Familien, ihrer Freunde in Gambia heute? Dazu wird eine Umfrage durchgeführt.
Pforzheim: Handys für Inhaftierte in der Abschiebehafteinrichtung
Sammlung von nicht internetfähigen Handys, ohne Kamerafunktion, inkl. Akku und Aufladekabel
Personen in der Abschiebehafteinrichtung Pforzheim dürfen keine Smartphones benutzen. Dementsprechend schwierig gestaltet sich der Kontakt mit Freunden, Familie und Unterstützer*innen außerhalb des Gefängnisses. Handys, die sich nicht mit dem Internet verbinden lassen und keine Kamera besitzen, dürfen benutzt werden. Daher rufen wir dazu auf, funktionstüchtige Handys ohne Internet- und Kamera-Funktion, mit Akku und Aufladekabel entweder an uns — im Rahmen von Veranstaltungen — zu übergeben, oder an die Adresse des Pastoralreferenten (Markus Schütz, c/o Pfarrei St. Elisabeth, Römerstr. 70, 75175 Pforzheim) zu schicken. Die Handys werden an Betroffene weitergegeben.
Verwaltungsgericht Stuttgart umgezogen
Verhandlungen an zwei verschiedenen Standorten: Anschrift in der Ladung genau beachten
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat neuerdings seinen Hauptsitz wieder in der Augustenstraße 5. Der bisherige Standort in der Schellingstraße 15 bleibt als Außenstelle erhalten. Einige Kammern haben weiterhin hier ihren Sitz. Es ist also möglich, dass einige Gerichtsverhandlungen noch hier stattfinden. Es wird dringend empfohlen, genau auf die Adresse auf der Ladung zur Gerichtsverhandlung zu achten und einen ausreichenden Zeitpuffer bei der Anreise einzuplanen.
Verwandte und Unterstützer*innen von Gylten und Gylije Tahiri haben am 18. Dezember eine Petition mit rund 35.000 Unterschriften an das Innenministerium von Baden-Württemberg übergeben. Die beiden Schwestern, die 1998 als Kleinkinder aus dem Kosovo nach Deutschland geflüchtet waren, wurden am 27. September nach Serbien abgeschoben. "Sie wurden abgeschoben in eine Situation der Rechtlosigkeit. Dies wurde vorher nicht ordnungsgemäß geprüft", erklärte Walter Schlecht vom Antirassistischen Netzwerk.
Flüchtlingslager auf griechischen Inseln — nicht länger wegsehen!
Über 20 Organisationen und Helferkreise richten Petition an Ministerpräsident Kretschmann
In einem großen, gemeinsamen Bündnis haben über 20 Organisationen und Helferkreise eine Petition an Ministerpräsident Kretschmann eingereicht. Ihr Appell: Menschen aus der extremen Not in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln herauszuholen und in Baden-Württemberg aufzunehmen. Die Petition kann nun auch online unterschrieben werden. Petition bei Change.org
In aller Kürze:
Kurzfristige Stellenanzeige der NGO "Zusammenleben Willkommen"
Die NGO "Zusammenleben Willkommen" schafft ein Zusammenleben zwischen geflüchteten und beheimateten Menschen in WGs. Dabei wird die NGO von zahlreichen ehrenamtlichen Menschen in ganz Deutschland unterstützt. Zur Schulung und Begleitung der Ehrenamtlichen werden vier Ehrenamts-/Community-Manager*innen eingesetzt. Bei dieser Ausschreibung geht es um die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg, der Arbeitsort ist Freiburg. Bewerbungsschluss ist der 23. Februar. Weitere Informationen zur Stellenausschreibung finden Sie hier.
Seebrücke-Aktionstag "#Wir haben Platz" am 8. Februar
Mehrere tausend Menschen in rund 20 Städten beteiligten sich am 8. Februar an einem bundesweiten Seebrücke-Aktionstag für die Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter aus den Lagern auf den griechischen Inseln in Deutschland. In Baden-Württemberg gab es Aktionen in Tübingen, Freiburg und Mannheim.
Stipendien für Jugendliche mit Migrationserfahrung
Die START-Stiftung vergibt auch in diesem Jahr Stipendien an talentierte Jugendliche mit Migrationserfahrung, die in unserer Gesellschaft etwas verändern wollen. START begleitet die Jugendlichen in einem dreijährigen Bildungs- und Engagementprogramm in ihrer persönlichen Entwicklung und bestärkt sie darin, unsere Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Bewerbungen für die Stipendien werden bis 16. März entgegengekommen. START-Stipendium: Ausschreibungflyer
Flüchtlingsmannschaften für Turnier gesucht
Der Integrationsverein Weinstadt veranstaltet am 5. April in der Zeit von 13.00 bis 18.00 Uhr in der Sporthalle Weinstadt-Benzach ein Fußballturnier für Flüchtlingsmannschaften und sucht aktuell nach Mannschaften, die teilnehmen möchten. Die Anmeldung ist bis 1. März möglich. Ausschreibungsflyer und Formular zur Anmeldung
Moveeurope! möchte Geflüchteten mit einem gültigen Aufenthaltsstatus und Reisepass (ausgestellt durch einen EU-Mitgliedstaat) Kurz- und Langzeitaufenthalte in einem anderen europäischen Land ermöglichen. Außerdem macht das Projekt auf die (Im)mobilität von Geflüchteten in Europa aufmerksam und informiert so viele Geflüchtete wie möglich über ihre Bewegungsrechte und -möglichkeiten in der EU. Um mehr Geflüchtete zu erreichen, ruft der Verein "Migration Miteinander" zur Gründung von Lokalgruppen auf. Weiterlesen …
2. FLÜCHTLINGSPOLITIK
Informationen zur Flüchtlings- und Migrationspolitik BaWü, BRD und EU
Streit innerhalb der Landesregierung um Abschiebungen von Geflüchteten in Arbeit
Die SPD hatte Ende Januar im Landtag gefordert, Abschiebungen von Geflüchteten in Arbeit auszusetzen, indem vorhandene Ermessensspielräume genutzt werden. Insbesondere bezog sich dieser Vorschlag auf Geflüchtete, die die Kriterien der Beschäftigungsduldung (vor allem die lange Vorduldungszeit) noch nicht erfüllen. Ein entsprechender Antrag scheiterte am 29. Januar jedoch an den Gegenstimmen von Grünen, CDU und AfD. Anfang Februar wurde bekannt, dass Grüne und CDU beabsichtigen, die Härtefallkommission zur Anlaufstelle für Unternehmen zu erklären, deren Mitarbeiter*innen von Abschiebung bedroht sind, damit diese ggf. die zwölf Monate Vorduldungszeit für die Beschäftigungsduldung überbrücken können. Der Flüchtlingsrat BW merkt hierzu an, dass es bereits jetzt möglich ist, für Mitarbeiter*innen in Unternehmen Härtefallanträge zu stellen, es handelt sich hierbei also um keine Neuerung. SWR, 29.01.2020: Integrierte Flüchtlinge in Baden-Württemberg Streit um Abschiebungen. "Ermessen, aber keine Willkür" SWR, 05.02.2020: Grüne und CDU verhandeln. Neuer Vorschlag im Streit ums Bleiberecht
Die Zahl der Abschiebungen aus Baden-Württemberg ist 2019 von 3018 auf 2648 zurückgegangen. Grund dafür sind vor allem die zurückgehenden Rückführungen in die Länder des westlichen Balkans, auch wenn sie mit gut 750 Menschen einen erheblichen Anteil ausmachen, jedoch rund 500 weniger als noch 2018. Erstmals ist Italien das häufigste Zielland. Bemerkenswert ist auch der Anstieg der Anzahl der Abschiebungen nach Afghanistan (von 21 auf 33). Nach Gambia wurden 63 Personen abgeschoben — die meisten von ihnen am Anfang des Jahres.
Familiennachzug von Griechenland nach Deutschland geht weiter zurück
Die Mehrzahl der Anträge auf Familiennachzug lehnt das BAMF ab
Im Rahmen der Dublin-Verordnung ist der Familiennachzug innerhalb Europas möglich, sodass neueinreisende Familienangehörige der Kernfamilie auf Antrag zu bereits anerkannten international Schutzberechtigten (Flüchtlingseigenschaft, subsidiärer Schutz) in einem anderen europäischen Land weiterreisen dürfen (Art. 9 Dublin-VO). Dies gilt auch dann, wenn diese Familienangehörigen noch im Asylverfahren sind (Art. 10 Dublin-VO). Doch dieses Recht auf Familiennachzug können immer weniger Menschen für sich in Anspruch nehmen. Im Jahr 2019 lehnte das BAMF 72 Prozent der Anträge auf Familiennachzug nach der Dublin-VO aus Griechenland ab. Dies bedeutet nicht nur eine lange und womöglich endgültige Trennung von Familien, sondern auch, dass Familienangehörige weiterhin unter äußerst prekären Bedingungen in den "Hotspots" auf den griechischen Inseln leben müssen. Migazin, 28.1.20: Mehrzahl der Anträge auf Familiennachzug aus Griechenland scheitert Schriftliche Frage der Abgeordneten Gökay Akbulut für den Monat Januar 2020
IAB-Studie: Wohnsitzauflagen wirken sich negativ auf die Integration aus
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat die Wirkungen der Wohnsitzauflage für Geflüchtete untersucht. Unter anderem hat das IAB herausgefunden, dass Geflüchtete mit regionaler Wohnsitzauflage eine geringere Wahrscheinlichkeit haben, erwerbstätig zu sein. Außerdem wird aus der Studie ersichtlich, dass die Arbeitsmarktwirkungen stark von der räumlichen Verteilung der Geflüchteten abhängig sind. So weist z.B. der strukturstarke Süden Deutschlands eher unterdurchschnittliche Bevölkerungsanteile von Geflüchteten auf. IAB, Januar 2020: Wohnsitzauflage reduzieren die Chancen auf Arbeitsmarktintegration
Bericht: Situation der Aufnahmelager auf den griechischen Inseln
Abschreckungsmaßnahmen an der EU-Außengrenze
Die Organisation "Equal Rights Beyond Borders" hat einen neuen Bericht auf Englisch publiziert, in dem sie die Situation in den überfüllten und unterversorgten Aufnahmelagern für Geflüchtete auf den griechischen Inseln darlegt. Die Autor*innen zeigen auf, wie das tägliche Leben von Geflüchteten ohne hinreichende Unterkünfte und medizinische Versorgung in den Hotspots aussieht und bewerten diese Situation im Licht von griechischem, europäischem und internationalem Recht. Equal Rights Beyond Borders, Dezember 2019: The lived reality of deterrence measures inhumane camps at Europe's external border
In aller Kürze:
Artikel zum Thema Nachforschungen des BAMF in der Türkei
Das BAMF sowie einige Verwaltungsgerichte scheinen derzeit davon auszugehen, dass alle Unterlagen zu laufenden Strafverfahren von Personen aus der Türkei in der Online-Datenbank des türkischen Justizministeriums erfasst sind. Daraus wird gefolgert, dass eine Person, die keinen Eintrag vorweisen kann, nicht verfolgt wird. Diese Annahme trifft nicht zu, wie Kamil Taylan in seinem Artikel "Ist der Papst katholisch? — Das deutsche Asyldrama" darlegt.
Stellungnahme von PRO ASYL zur Asylstatistik 2019
Das Bundesinnenministerium hat die Asylstatistik zum Jahr 2019 veröffentlicht. Der Bundesinnenminister wertet es als Erfolg, dass es weniger Schutzsuchende nach Deutschland geschafft haben. Diese rein nationale Sicht ignoriert: Erstmals waren 2019 weltweit mehr als 70 Millionen Menschen auf der Suche nach Schutz. Die immer größer werdende Verzweiflung und Notlage der Menschen ist für Seehofer nichts anderes als "Migrationsdruck", den es abzuwehren gilt. Die gesamte Pressemitteilung lässt sich hier einsehen.
3. Aus der Rechtsprechung
Immer mehr Gerichte gegen die konstruierte "Schicksalsgemeinschaft"
Neue Entscheidungen aus Dresden und Leipzig
Immer mehr Gerichte stoppen die im Rahmen des "Migrationspakets" beschlossenen Leistungskürzungen für Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften. Die unterstellte "Schicksalsgemeinschaft", die genauso gemeinsam wirtschaftet wie eine Familie und deshalb weniger Geld braucht, ist nach Ansicht der Gerichte verfassungswidrig. Nach den ersten Urteilen aus Landshut und Freiburg gibt es nun inhaltlich gleiche Entscheidungen der Sozialgerichte Frankfurt, Hannover, Dresden und Leipzig. Das Sozialgericht Leipzig hebt hervor, wie bereits im Gesetzgebungsprozess zahlreiche Organisationen und Verbände gewarnt haben, dass diese Kürzungen verfassungswidrig seien. Geflüchtete, denen mit Verweis auf die vermeintliche "Schicksalsgemeinschaft" die Leistungen gekürzt werden, wird auf jeden Fall empfohlen, fristgerecht Widerspruch, Eilantrag und gegebenenfalls Klage einzureichen. Hierfür gibt es Schriftsätze für Musterargumentationen, die von den Rechtsanwälten Volker Gerloff und Klaus Schank zusammengestellt wurden und verwendet werden können.
SG Landshut: Leistungskürzung von Dublin-Fällen unzulässig
Nach dem neu eingeführten § 1a Abs. 7 AsylbLG sollen Leistungen von Geflüchteten gekürzt werden, deren Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, weil ein anderer EU-Staat für ihr Asylverfahren zuständig ist. Es handelt sich hierbei um sogenannte "Dublin-Fälle", die im Rahmen der Dublin III-Verordnung in ein anderes EU-Land überstellt werden sollen. Das SG Landshut begründet seine Entscheidung damit, dass Leistungskürzungen als Sanktion für ein fehlerhaftes Verhalten — hier der Stellung eines unzulässigen Asylantrags — nur statthaft sind, wenn das Fehlverhalten aktuell noch andauert. "Das Unterlassen der freiwilligen Rückreise ist ... auch keine Pflichtverletzung (SG Landshut, Beschluss vom 02. Juli 2019 - S 11 AY 39/19 ER -), [...da...] nicht die freiwillige, selbstständige Ausreise gefordert [wird], sondern das sich Bereitstellen zur Abschiebung. Nachdem die Rückkehr derzeit nicht rechtmäßig durchführbar wäre, kann diese nach aktueller Ansicht der Kammer nicht reklamiert werden." SG Landshut: Beschluss vom 28.01.2020
LSG Niedersachsen-Bremen: Leistungskürzung wegen Nichtabgabe einer "Freiwilligkeitserklärung" rechtswidrig
Leistungen dürfen nach § 1a Abs. 3 S. 1, Abs. 1 S. 2 AsylbLG nur dann gekürzt werden, wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus Gründen nicht vollzogen werden können, die die Betroffenen zu vertreten haben. Die Abgabe einer Erklärung, freiwillig in das Herkunftsland zurückkehren zu wollen, fällt nach Meinung des LSG Niedersachsen-Bremen nicht in diese Kategorie. Daran ändere auch die Einführung der "Duldung für Personen mit ungeklärter Identität" nach § 60b AufenthG nichts, wonach die Abgabe einer solchen Erklärung in der Regel zumutbar ist. Begründet wird dies damit, dass die Weigerung, eine Freiwilligkeitserklärung abzugeben, kein rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne des AsylbLG darstelle. Informationsverbund Asyl & Migration: Beschluss LSG Niedersachsen-Bremen vom 16.01.2020
VG Berlin: Eilantrag von subsidiär Schutzberechtigtem wegen drohender Volljährigkeit stattgegeben
Das VG Berlin hat einem Eilantrag eines kurz vor der Volljährigkeit stehenden subsidiär Schutzberechtigten auf Nachzug seiner Eltern stattgegeben. Die Eilbedürftigkeit ergibt sich laut dem Gericht aus der Tatsache, dass ein Elternnachzug nach dem 18. Geburtstag des Kindes nicht mehr möglich ist, da § 36a AufenthG solche Konstellationen nicht umfasst. Informationsverbund Asyl & Migration: Beschluss VG Berlin vom 16.01.2020
4. Neue Publikationen & Materialien
Wohnsitzauflagen im Migrationsrecht: Handreichung des Flüchtlingsrats BW
Im Asyl- und Aufenthaltsrecht gibt es verschiedene Arten von Wohnsitzauflagen, je nachdem, ob die betroffene Person eine Aufenthaltsgestattung, Duldung oder Aufenthaltserlaubnis besitzt. Diese Arbeitshilfe erklärt die verschiedenen Wohnsitzauflagen und die Umstände, unter denen sie verhängt und aufgehoben werden. Die Broschüre liegt nur in deutscher Sprache vor und richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte. Sie kann auf unserer Homepage bestellt werden. Flüchtlingsrat BW, Dezember 2019: Broschüre "Wohnsitzauflagen im Migrationsrecht"
Mitwirkungspflichten von Geduldeten: Handreichung des Flüchtlingsrats BW
In dieser Arbeitshilfe werden die gesetzlichen Mitwirkungspflichten vorgestellt, denen Geduldete unterliegen. Relevant ist das Thema vor allem in der Konstellation, dass Geduldete aufgefordert werden, ihre Identität zu klären und sich um einen Reisepass zu bemühen. Immer wieder kommt es auch vor, dass Sanktionen wie Arbeitsverbote verhängt werden mit der Begründung der fehlenden Mitwirkung. In dieser Arbeitshilfe wird erklärt, welche Mitwirkungspflichten existieren, welche Pflichten die Geduldeten haben und welche die Ausländerbehörde, wie man die Erfüllung der Mitwirkungspflichten glaubhaft machen kann, und welche Sanktionen unter welchen Umständen rechtlich zulässig sind. Die Broschüre liegt nur in deutscher Sprache vor und richtet sich in erster Linie an ehrenamtlich Engagierte. Sie kann auf unserer Homepage bestellt werden. Flüchtlingsrat BW, Dezember 2019: Broschüre "Mitwirkungspflichten von Geduldeten"
Der Weg zum unbefristeten Aufenthaltstitel
Neue Arbeitshilfe "Aufenthaltsverfestigung" erschienen
Für Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis haben — beispielsweise deshalb, weil ihnen im Asylverfahren ein Schutzstatus zugesprochen wurde oder weil sie nach einem erfolglosen Asylantrag auf anderem Wege ein Bleiberecht erhalten haben — stellt sich oft irgendwann die Frage, wie sie ihren Aufenthalt verfestigen können. Diese Arbeitshilfe erklärt, unter welchen Umständen welche Personengruppen einen unbefristeten Aufenthaltstitel, zum Beispiel eine Niederlassungserlaubnis, erhalten und unter welchen Umständen ein unbefristeter Aufenthaltstitel erlischt oder widerrufen werden kann. Flüchtlingsrat BW, Dezember 2019: Arbeitshilfe "Aufenthaltsverfestigung"
Widerruf, Rücknahme und Erlöschen des Schutzstatus
Neue Arbeitshilfe des Paritätischen
Eine neue Arbeitshilfe des Paritätischen Gesamtverbands befasst sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Flüchtlingsstatus oder ein anderer Schutzstatus widerrufen werden können. Erläutert werden die rechtlichen Bedingungen und die Verfahren, die in unterschiedlichen Konstellationen (Widerruf, Rücknahme oder Erlöschen des Schutzstatus) gelten. Der Paritätische, Oktober 2019: Widerruf, Rücknahme und Erlöschen des Schutzstatus
Arbeitshilfe: Soziale Rechte für Flüchtlinge
3. überarbeitete Auflage des Paritätischen Gesamtverbands
Hinweise zur Ausbildungsduldung von "Berlin hilft"
Das Netzwerk "Berlin hilft" hat ausführliche Hinweise zur Ausbildungsduldung erstellt. Diese stellen die am 1. Januar eingeführten Änderungen an der Ausbildungsduldung vor. In einigen Punkten wird die Erlasslage in Berlin geschildert, die nicht unbedingt mit der Praxis in Baden-Württemberg übereinstimmt. Im Zweifel bitte bei uns nachfragen. Berlin hilft, Februar 2020: Ausbildungsduldung. Ausführliche Darstellung Teil 1.
Caritas-Informationen zu Abschiebungen und Abschiebungshaft
In dieser Publikation werden Hintergrundinformationen zu den Themenbereichen Abschiebung und Dublin-Überstellung, Abschiebungs- und Überstellungshaft sowie Abschiebungsbeobachtung zur Verfügung gestellt sowie Forderungen und Positionen des Deutschen Caritasverbandes zu diesen Themen aufgeführt. Deutscher Caritasverband, Dezember 2019: Migration im Fokus 12/2019: Abschiebung und Abschiebungshaft
Merkblatt zu den Anforderungen an ärztliche Atteste zur Vorlage bei Asyl- und Ausländerbehörden
Die Beratungsstelle Fluchtpunkt Hamburg hat ein sehr kompaktes Merkblatt für Behandler*innen entworfen, um die verschärften gesetzlichen Anforderungen an ärztliche Atteste im Asylverfahren und zum Schutz vor Abschiebungen zu erläutern. Fluchtpunkt Hamburg, Januar 2020: Anforderungen an ärztliche Atteste für Geflüchtete zur Vorlage bei Behörden und Gerichten
5. Veranstaltungshinweise
21.02.2020
Infoabend "Aufenthaltsverfestigung und Widerruf" in Efringen-Kirchen
Freitag, 21. Februar, 17:30 Uhr, Rathaus Efringen-Kirchen (Großer Ratssaal), Hauptstraße 26, 79588 Efringen-Kirchen Wie geht es weiter nach der Anerkennung im Asylverfahren? Welche Möglichkeiten gibt es, zum dauerhaften Aufenthalt und perspektivisch auch zur Einbürgerung zu gelangen? Was passiert, wenn sich die Situation im Heimatland verbessert? In dieser Infoveranstaltung geht es um die Themen Widerrufsverfahren, Niederlassungserlaubnis und Einbürgerung. Eingeladen sind Geflüchtete sowie ihre haupt- und ehrenamtlichen Helfer*innen. Die Veranstaltung findet auf Deutsch statt. Veranstalter: Gemeinde Efringen-Kirchen in Kooperation mit dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg. Gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration. Anmeldung: per E-Mail unter johanna.hartmann@Efringen-Kirchen.de
03.03.2020
Webinar "Die Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung — Grundlagen"
Dienstag, 3. März, 18:00-19:30 Uhr
Im Januar 2020 ist das "Gesetz über die Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung" in Kraft getreten. Dieses beinhaltet Änderungen an der bereits existierenden Ausbildungsduldung. Außerdem bietet es als neue Möglichkeit die Beschäftigungsduldung. Das Webinar bietet einen ersten Überblick über die neuen Regelungen. Es richtet sich an ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit tätige Personen. Die maximale TN-Zahl liegt bei 15 Personen, es gibt nur noch sehr wenige freie Plätze. Aufbauend auf den in diesem Webinar vermittelten Grundlagen bieten wir vertiefende Webinare zu den beiden Duldungsoptionen an. Die Teilnahme am Webinar erfolgt am PC. Sie benötigen dazu einen gängigen Browser, eine stabile Internetverbindung und einen Kopfhörer bzw. Lautsprecher. Veranstaltung im Rahmen des Projekts "Aktiv für Flüchtlinge", gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration" zur Anmeldung
05.03.2020
Fachtag "Beratung und Begleitung von Menschen in aufenthalts- und arbeitsrechtlicher Illegalität"
Donnerstag, 5. März, 09:15-17:00, Diakonisches Werk Württemberg, Herbert-Keller-Haus, 1 OG, Sitzungsraum 1-3, Heilbronner Str. 180, 70191 Stuttgart
Ungewissheit, Verletzlichkeit und Ausschluss vom gesellschaftlichen Leben prägen den Alltag von Menschen in der aufenthalts- und arbeitsrechtlichen Illegalität. Menschen ohne Papiere oder in illegalen Beschäftigungsverhältnissen sind in ihrer Würde vielfach angetastet: Sie sind vom Zugang zu elementaren Lebens- und Versorgungsbereichen ausgeschlossen und können ihre Rechte kaum einfordern. Haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende soll dieser Fachtag des Diakonischen Werks Württemberg eine Plattform bieten, um sich über das Themenfeld der "Illegalität" und über Wege aus der Illegalisierung zu informieren und auszutauschen. Diakonisches Werk Württemberg: Programm Fachtag Illegalität
16.03.2020
Infoabend "Härtefallantrag" in Biberach
Montag, 16. März, 19:00 Uhr, Begegnungstreff "UBUNTU", Waldseerstraße 12/1 (Hinterhof Caritas Kolpingstr. 43), 88400 Biberach Das Härtefallverfahren bietet eine Möglichkeit für Personen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Diese Fortbildung informiert über die rechtlichen und formalen Grundlagen und gibt Tipps dazu, worauf beim Inhalt des Antrags zu achten ist. Diese und weitere Fragen können innerhalb der Veranstaltung geklärt werden. Für Ihre individuellen Fragen ist Zeit eingeplant. Veranstalter: Ökumenische Flüchtlingsarbeit Asyl im Landkreis Biberach in Kooperation mit dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg. Gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration.
08.05.2020
Infoabend "Neues aus dem Asyl- und Aufenthaltsrecht" in Baden-Baden
Freitag, 8. Mai, 14:30-17:00 Uhr, Unterkunft am Waldseeplatz, Gemeinschaftsraum, Waldseestraße 40, 76530 Baden-Baden In dieser Veranstaltung wird ein Überblick über die wichtigsten aktuellen Gesetzesänderungen im Bereich des Asyl- und Aufenthaltsrechts gegeben. Schwerpunkte sind die neue Beschäftigungsduldung sowie die Änderungen bei der Ausbildungsduldung. Veranstalter: Stadt Baden-Baden in Kooperation mit dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg. Gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration. Anmeldung: über Svetlana.Bojcetic@baden-baden.de
12.05.2020
Die Ausbildungsduldung — Aufbauwebinar
Dienstag, 12. Mai 2020, 18:00-19:30 Uhr
Durch das im Januar 2020 in Kraft getretene "Gesetz über die Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung" wurde die Ausbildungsduldung umgestaltet. So wurden z.B. Fristen für die Identitätsklärung eingeführt und die Ausschlussgründe erweitert. Im Webinar sehen wir uns diese Neuregelungen im Detail an. Das Webinar richtet sich an ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit tätige Personen, die am Einführungswebinar "Die Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung — Grundlagen" teilgenommen bzw. aus anderen Gründen Grundwissen zum Thema haben. Die maximale TN-Zahl liegt bei 15 Personen. Die Teilnahme am Webinar erfolgt am PC. Sie benötigen dazu einen gängigen Browser, eine stabile Internetverbindung und einen Kopfhörer bzw. Lautsprecher. Veranstaltung im Rahmen des Projekts "Aktiv für Flüchtlinge", gefördert vom Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration" zur Anmeldung
IN EIGENER SACHE:
Termine 2020: Tagungen und Fachtage
2020 haben wir neben unseren Fortbildungen auch wieder Tagungen und Fachtage geplant. Hier ein erster Überblick. Detailliertere Informationen sowie das Anmeldeformular finden Sie einige Wochen vor der jeweiligen Veranstaltung:
28. März: Tagung mit Mitgliederversammlung in Stuttgart
20. Juni: Fachtag Gambia in Stuttgart
18. Juli: Tagung in Stuttgart
26. September: Fachtag Erstaufnahme in Karlsruhe
21. November: Tagung in Stuttgart
Praktikant*in für die Geschäftsstelle des Flüchtlingsrat BW in Stuttgart gesucht
Der Flüchtlingsrat BW sucht immer wieder Praktikant*innen für die Geschäftsstelle in Stuttgart. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage.
Solidarität braucht Solidarität! Unterstützen Sie unsere politische und praktische Arbeit für Flüchtlinge durch eine Mitgliedschaft, eine Fördermitgliedschaft oder eine Spende an: Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V. , GLS Bank, BLZ 430 609 67, Kto. Nr. 70 07 11 89 01, IBAN: DE66 4306 0967 7007 1189 01, BIQ: GENODEM1GLS
Autor*innen der Beiträge: Seán McGinley, Melanie Skiba, Stella Hofmann, Philipp Schweinfurth, Sebastian Röder, Volker Löffler, Laura Gudd, Julia Streib, Maren Schulz Redaktion: Seán McGinley, Melanie Skiba, Klaus Harder
Wenn Sie den Newsletter abbestellen wollen, schicken Sie uns bitte eine E-Mail an info@fluechtlingsrat-bw.de.
Der Newsletter wird im Rahmen des Projekts „Aktiv für Flüchtlinge“ gefördert durch das Land Baden-Württemberg, Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration. Der Flüchtlingsrat BW wird außerdem unterstützt durch PRO ASYL, das Diakonische Werk Württemberg, die Evangelische Kirche Baden, die UNO-Flüchtlingshilfe und die Diözese Rottenburg-Stuttgart.